Rz. 583a

Landwirtschaftliche Betriebe haben sich im Laufe der Zeit stark verändert. Produzierte ein Landwirt früher noch zahlreiche unterschiedliche Ackerfrüchte und betrieb eine mannigfaltige Tierhaltung, hat sich der landwirtschaftliche Betrieb heute oft zu einem Spezialbetrieb gewandelt, der in immer größer werdenden Einheiten produziert. Diese Wandlung führt dazu, dass die ehemals funktional-organisatorische Einheit des landwirtschaftlichen Betriebs steuerlich in zwei oder mehrere Einheiten aufgeteilt wird.[1] Die OFD Nordrhein-Westfalen hat zu einem Fall Stellung genommen, in dem zu einem landwirtschaftlichen Unternehmensverbund auf einer Hofstelle mehrere landwirtschaftliche Schweinemastbetriebe (Anwendung der Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG) gehören, die als Einzelunternehmen des Landwirts, Familienpersonengesellschaften und Gesellschaften i. S. d. § 51a BewG betrieben werden. Daneben betreibt der Landwirt mit weiteren Familienmitgliedern eine die Regelbesteuerung anwendende Futtermittelgesellschaft. Die pauschalierenden Mastbetriebe liefern sämtliches erzeugtes Getreide und Mais an die Futtermittelgesellschaft. Die Futtermittelgesellschaft mischt das Getreide unter Beifügung von weiteren zugekauften Ergänzungsstoffen zu Flüssigfutter. Dieses Flüssigfutter wird bedarfsgerecht über ein Rohrleitungssystem an die verschiedenen auf der Hofstelle befindlichen Schweinemastbetriebe verteilt. Die Anmischung der unterschiedlichen Komponenten erfolgt in einem einzigen Anmischbehälter für sämtliche Schweinemastbetriebe. Die Futtermenge wird durch sensorische Bedarfsmeldung der Mastbetriebe an den einzelnen Futtertrögen ermittelt und an den Fütterungscomputer der Futtermittelgesellschaft weitergegeben. Das Flüssigfutter wird – individuell nach den Vorgaben der einzelnen Betriebsinhaber und den einzelnen Mastphasen entsprechend – zubereitet. Gesteuert werden diese Vorgänge durch den Fütterungscomputer der Futtermittelgesellschaft.[2]

 

Rz. 583b

Nach Auffassung der OFD Nordrhein-Westfalen unterliegen die Leistungen der Futtermittelgesellschaft an die – die Durchschnittsatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendenden – Schweinemastbetriebe nicht dem ermäßigten Steuersatz nach Nr. 37 der Anlage 2 des UStG, sondern insgesamt dem allgemeinen Steuersatz. Neben der reinen Lieferung des Flüssigfutters erbringe die Futtermittelgesellschaft gegenüber den Schweinemastbetrieben die umfassende Versorgung des jeweiligen Tierbestands. Die angebotenen sowie tatsächlich von den Tieren abgenommenen Futtermengen, die Mastkurven mit den unterschiedlichen Komponentenzusammensetzungen sowie mögliche Störungen der Fütterung würden vollständig durch die Futtermittelgesellschaft abgewickelt. Diese zusätzlichen anderen sonstigen Leistungen seien untrennbar mit der tatsächlichen Zurverfügungstellung des Futters verbunden und stellten mit dieser über die reine Futtermittellieferung hinaus eine einheitliche (andere) Leistung besonderer Art in Form einer zentral gesteuerten zielgerichteten Versorgung der Masttiere aller beteiligten Mastbetriebe dar.[3]

 

Rz. 583c

In der Literatur werden die Leistungen der Futtermittelgesellschaften an die Mastbetriebe bei vergleichbaren Sachverhalten unterschiedlich beurteilt. Während Herbort/Menke[4] ebenfalls von einer einheitlichen – dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden – sonstigen Leistung ausgehen, gehen Nieskens und Janz/Schulte-Uebbing[5] von einer insgesamt dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Futtermittellieferung aus. Die Lieferung der Futtermittelkomponenten und das sog. Futtermanagement stellten entgegen der Verwaltungsauffassung eine einheitliche – als zubereitetes Futtermittel zu beurteilende – steuersatzbegünstigte Lieferung dar.

[1] Herbort/Menke, NWB Heft 15/2015, 1076.
[4] Herbort/Menke, NWB Heft 15/2015, 1076.
[5] Nieskens, UR 2016, 49; Janz/Schulte-Uebbing, UStB 2016, 185.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge