Rz. 23

Die Klage kann nach Eintritt der Rechtshängigkeit[1], also ab Eingang der Klage beim FG, in jedem Stadium des Verfahrens bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung i. S. d. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 705 ZPO zurückgenommen werden.[2] Die Rücknahme kann also auch noch nach Verkündung bzw. Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist und – unabhängig von der Rücknahme eines Rechtsmittels – auch noch im Rechtsmittelverfahren beim BFH, dann allerdings nur mit Einwilligung des Beklagten nach § 71 Abs. 1 S. 2 FGO (Rz. 35ff.), erklärt werden.[3] Insoweit ist aber im Hinblick auf den Eintritt der Rechtskraft zu differenzieren: Bei Verwerfung eines an sich statthaften und rechtzeitig eingelegten Rechtsmittels tritt die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung entsprechend § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 705 S. 2 ZPO erst mit der Rechtskraft der Entscheidung über das Rechtsmittel ein, sodass bis zu diesem Zeitpunkt die Klage noch zurückgenommen werden kann.[4] Bei nicht statthaftem oder verspätet eingelegtem Rechtsmittel tritt die Rechtskraft demgegenüber gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 705 S. 1 ZPO bereits mit Ablauf der Rechtsmittelfrist ein, so dass eine Rücknahme während des Rechtsmittelverfahrens dann wirkungslos ist.[5]

 
Praxis-Beispiel

Hat das FG in seinem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO oder die einstweilige Anordnung nach § 114 FGO die Beschwerde gem. § 128 Abs. 3 FGO zugelassen, kann der Antrag nur dann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BFH über die Beschwerde zurückgenommen werden, wenn die Beschwerde fristgerecht eingelegt wurde. Andernfalls tritt die Rechtskraft mit Ablauf der Beschwerdefrist ein und die Antragsrücknahme während des Beschwerdeverfahren ist wirkungslos. Hat das FG hingegen die Beschwerde nicht zugelassen, bleibt eine Antragsrücknahme nach Bekanntgabe des Beschlusses wirkungslos.[6]

 

Rz. 24

Die Rücknahme setzt denklogisch auch ein noch anhängiges Verfahren voraus. Der Rechtsstreit darf demnach noch nicht anderweitig abgeschlossen sein. Eine Klagerücknahme kommt daher nicht mehr in Betracht, wenn die Beteiligten den Rechtsstreit zuvor übereinstimmend für erledigt erklärt haben, da bereits die übereinstimmenden Erledigungserklärungen die Rechtshängigkeit beendet haben.[7] Nach Rücknahme der Revision i. S. d. § 125 FGO scheidet eine Klagerücknahme ebenso aus, da mit Rücknahme der Revision das finanzgerichtliche Urteil in Rechtskraft erwächst.[8] Soll während des Revisionsverfahrens das erstinstanzliche Urteil beseitigt werden, muss die Klage und nicht die Revision zurückgenommen werden. Wird gleichzeitig die Rücknahme der Klage und der Revision erklärt, so bezieht sich die Erklärung i. d. R. nur hilfsweise auf die Rücknahme der Revision, weil die wirksame Klagerücknahme die Rücknahme der Revision denkgesetzlich ausschließt. Durch die wirksame Rücknahme wird das Urteil des FG wirkungslos und die Entscheidung der Verwaltung unanfechtbar, sodass für die Erklärung, die Revision werde zurückgenommen, regelmäßig kein Raum ist. Solange jedoch nicht feststeht, ob die beklagte Finanzbehörde der Rücknahme zustimmen wird, ist die Verbindung beider Rücknahmeerklärungen berechtigt, ohne dass ein unzulässiges Bedingungsverhältnis bestünde.[9]

[5] BFH v. 19.5.1994, VIII B 18/94, BFH/NV 1995, 126.
[6] BFH v. 20.4.1998, V B 12/98, BFH/NV 1998, 1365; Schoenfeld, in Gosch, AO/FGO, § 72 FGO Rz. 50.
[7] FG Baden-Württemberg v. 7.6.1993, 6 K 42/93, EFG 1994, 51; FG Baden-Württemberg v. 25.10.1989, XI K 209/87, EFG 1990, 183 m. w. N.
[8] Ebenso Birkenfeld, in HHSp, AO/FGO, § 73 FGO Rz. 87; weitere Einzelheiten: Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 125 FGO Rz 2.

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