Rz. 32

Dies betrifft im Hinblick auf § 6 FGO insbesondere den gesetzlichen Richter, die Gewährung rechtlichen Gehörs und das Willkürverbot. Diese Fälle werden auch unter dem Gesichtspunkt der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" im Rechtsmittelverfahren gegen die abschließende Hauptsacheentscheidung korrigiert.[1] Danach ist eine Entscheidung greifbar gesetzwidrig, wenn sie mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist.[2] Daraus soll sich ergeben, dass bei § 6 FGO die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Übertragung der Überprüfung durch das Revisionsgericht grundsätzlich entzogen sind. Dies betrifft die Fragen, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung oder Rückübertragung nach § 6 Abs. 13 FGO vorgelegen haben und ob Ermessensfehler bei der Übertragung begangen wurden. Eine Überprüfung wäre allenfalls möglich, wenn die Übertragung auf einer objektiv willkürlichen Beurteilung der Schwierigkeit und Bedeutung der Streitsache beruht oder aber wenn der Rechtsstreit bereits im Wesentlichen abschließend bearbeitet und infolge der Bearbeitung als grundsätzlich bedeutsam beurteilt wurde und erst dann die Übertragung erfolgt.[3] Überprüfbar bleibt nach den vorgenannten Grundsätzen, ob das gesetzlich vorgesehene Verfahren bei der Übertragung bzw. Rückübertragung (z. B. Beteiligung nicht geschäftsplanmäßig zuständiger Berufsrichter, Berufung eines nicht der geschäftsplanmäßig zuständigen Richters oder aus anderen Gründen gesetzeswidriger Beschluss) eingehalten wurde.[4] Dies gilt auch, wenn ein Einzelrichter vor Eingang der Klagebegründung berufen wird, obgleich der Klage nach Vorlage der Klageakte begründet werden sollte.[5]

 

Rz. 33

Allerdings soll ein Rückübertragungsbeschluss nicht schon dann greifbar gesetzwidrig sein, wenn die in § 6 Abs. 3 S. 1 FGO vorgesehene Anhörung des Stpfl. vor Erlass des Übertragungsbeschlusses unterblieben ist.[6] Ob allerdings im Vergleich zu dem sonst üblichen Prüfungsmaßstab bei der Verletzung des gesetzlichen Richters jegliche Verletzung des in § 6 FGO vorgesehenen Verfahrens zu einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit führt, und ob nicht auch bei einem offensichtlichen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO eine Überprüfung erfolgen kann, ist zweifelhaft.[7] Entgegen der in der Vorauflage von Fu vertetenen Ansicht liegt eine greifbare Gesetzeswidrigkeit in einem Verfahren auch dann vor, wenn für ein Parallelverfahren, das gleichfalls von einem Einzelrichter entschieden worden ist, kein wirksamer Übertragungsbeschluss gefasst wurde, wobei zudem der Übertragungsbeschluss im Parallelverfahren versehentlich unterblieben war.[8] Wegen des durch § 6 Abs. 1 FGO nicht erreichbaren Zwecks nur Entlastung des Vollsenats erscheint es zwingend, bei der Entlastungswirkung bei nur einem Verfahren insgesamt eine greifbare Gesetzeswidrigkeit anzunehmen. Maßstab für die greifbare Gesetzeswidrigkeit muss die Frage sein, ob mehr als ein bloss vermeidbarer Rechtsfehler vorliegt.[9] Anderes kann gelten, wenn es in dem konkreten Rechtsstreit überhaupt an einem Übertragungsbeschluss fehlt.[10] Weiterhin ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, wenn der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan auch in einem nicht überbesetzten Senat keine Bestimmung darüber enthält, wer der jeweils zur Entscheidung berufene Einzelrichter sein soll.[11]

 

Rz. 34

Verweist der BFH einen vom Einzelrichter entschiedenen Rechtsstreit an das FG zurück, so ist – soweit keine ausdrückliche Zurückverweisung an den Vollsenat erfolgt – im zweiten Rechtsgang ohne weiteres erneut der Einzelrichter zuständig.[12] Ein entsprechender Beschluss des BFH ist nicht erforderlich.

Der BFH muss die Sache, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO nicht erfüllt sind, an den Vollsenat zurücküberweisen.[13]

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