Rz. 17

Die Zuständigkeitsbestimmung durch den BFH setzt einen Antrag voraus. Antragsberechtigt sind nach § 39 Abs. 2 S. 1 FGO alle Beteiligten[1] und darüber hinaus jedes mit dem Rechtsstreit befasste FG.[2]

Der in § 64 Abs. 4 FGO normierte umfassende Vertretungszwang beim BFH ist auch bei einem Antrag nach § 39 FGO zu beachten.[3] Eine Antragstellung durch die Beteiligten ist mit Ausnahme in den Fällen des § 39 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 FGO bereits vor Rechtshängigkeit möglich.[4] Eine konkrete Erwartung eines Rechtsstreits vor den FG dürfte allerdings erforderlich sein. Bei einer erwarteten verwaltungsaktbezogenen Klage müsste daher zumindest bereits ein Einspruch eingelegt worden sein.[5]

Der Antrag an den BFH unterliegt keinem bestimmten Formzwang; er sollte allerdings mit Tatsachen schlüssig einen der Anrufungsgründe nach § 39 Abs. 1 FGO und damit ein schutzwürdiges Interesse an der Zuständigkeitsbestimmung durch den BFH darlegen.[6] Das mit der Sache befasste FG entscheidet über die Anrufung des BFH jedoch durch Beschluss.

 
Praxis-Beispiel

Der Tenor könnte wie folgt lauten:

"Der BFH wird angerufen, dass innerhalb der Finanzgerichtsbarkeit zuständige Gericht zu bestimmen."

oder

"Der BFH wird ersucht, dass zur Entscheidung über den Rechtsstreit örtlich zuständige Gericht zu bestimmen."

 

Rz. 18

Der BFH entscheidet – nach Gewährung rechtlichen Gehörs und ggf. aufgrund mündlicher Verhandlung[7] – durch unanfechtbaren Beschluss.[8] Der Beschluss wird, wenn er auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht, nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 329 Abs. 1 ZPO verkündet, ansonsten nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 329 Abs. 3 ZPO formlos mitgeteilt. Die Entscheidung des BFH ist für das als zuständig bestimmte FG bindend und ggf. entgegenstehende rechtskräftige (und ggf. unanfechtbare) Entscheidungen eines FG zur Zuständigkeit verlieren insoweit ihre Wirkung.[9]

 
Praxis-Beispiel

Der Tenor könnte wie folgt lauten:

"Das [FG] wird als das für den Rechtsstreit zuständige Gericht bestimmt. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen".

Die Zuständigkeitsbestimmung des BFH hat sich nach Zweckmäßigkeitserwägungen unter Berücksichtigung der Wertungen der gesamten Zuständigkeitsordnung der FGO zu richten.[10]

 

Rz. 19

Die vorzunehmende Zuständigkeitsbestimmung wird grundsätzlich nicht unzulässig, wenn vor der Entscheidung durch den BFH das Verfahren zurückgenommen oder in der Hauptsache für erledigt erklärt wird. Denn im Zusammenhang mit der Rücknahme eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hat der BFH insoweit entschieden, dass das Bestimmungsverfahren nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 FGO allein dazu dient, die Zuständigkeit eines erkennenden Gerichts für ein noch nicht abgeschlossenes gerichtliches Verfahren zu begründen, dass seinerseits alle prozessualen und materiellen Voraussetzungen des gerichtlichen Verfahrens, d. h. auch die verfahrensbeendende Wirkung einer wirksamen Rücknahmeerklärung, prüft.[11]

 

Rz. 20

Eine Kostenentscheidung durch den BFH soll nur bei Ablehnung der Anrufung als unzulässig oder unbegründet ergehen; andernfalls sind die Kosten in der Endentscheidung zu erfassen.[12]

[3] BFH v. 22.2.2007, VI S 11/06, BFH/NV 2007, 1162; a. A. Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 129; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 8.
[4] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 8.
[5] Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 132.
[6] Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 128; v. Beckerath, in Gosch, AO/FGO, § 39 FGO Rz 32.
[9] Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 39 Rz. 11; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 9.
[10] Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 39 FGO Rz. 156.
[12] Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 39 Rz. 10.

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