Rz. 28

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist der Finanzrechtsweg auch in anderen als den in § 33 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 FGO bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten (Rz. 7) eröffnet, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich bestimmt ist (sog. aufdrängende Spezialzuweisung). Hierbei muss es sich nach dem Gesetzeswortlaut allerdings nicht zwingend um eine Abgabenangelegenheit i. S. des § 33 Abs. 2 FGO handeln.[1] Nichtsdestotrotz werden die Länder regelmäßig nur solche Streitigkeiten der spezialisierten Finanzgerichtsbarkeit zuweisen, die abgabenrechtlich geprägt sind. Insoweit wird auch üblicherweise die entsprechende Anwendung der Vorschriften der AO angeordnet.

Im Zusammenhang mit der Rechtswegeröffnung aufgrund des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO steht daher auch die Statthaftigkeit des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nach § 347 Abs. 1 Nr. 4 AO und nach § 160 FGO können insoweit die Beteiligung am Verfahren und die Beiladung durch Gesetz abweichend von den Vorschriften der FGO geregelt werden.[2]

[1] Braun, in HHSp, AO/FGO, § 33 FGO Rz. 237; a. A. v. Beckerath, in Gosch, AO/FGO, § 33 FGO Rz. 272.

5.1 Bundesgesetzlich zugewiesene Streitigkeiten

 

Rz. 29

Von der Möglichkeit der spezialgesetzlichen Zuweisung zur Finanzgerichtsbarkeit hat der Bundesgesetzgeber Gebrauch gemacht in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über

  • die Altersvorsorgezulagen im Sinne des XI. Abschnitts des EStG[1],
  • Arbeitnehmersparzulage i. Z. mit vermögenswirksamen Leistungen[2],
  • Bergmannsprämien[3],
  • Datenschutzrechtliche Streitigkeiten i. Z. mit der Steuerverwaltung. Insbesondere ist nach § 32i Abs. 2 S. 1 AO für Klagen der betroffenen Person hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten gegen Finanzbehörden oder gegen deren Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO oder der darin enthaltenen Rechte der betroffenen Person der Finanzrechtsweg gegeben. Eine Klage auf Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist eine Klage "hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten ... wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der [DSGVO]" i. S. des § 32i Abs. 2 S. 1 AO.[4] Es handelt sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch i. S. des Art. 34 S. 1 GG, da es sich nicht um eine auf die Finanzbehörde übergeleitete Haftung des Amtsträgers, sondern um eine originäre Haftung der Behörde handelt.[5] Die Rechtsweggarantie des Art. 34 S. 3 GG hat, soweit sie den Anspruch gegen die Anstellungskörperschaft betrifft, allein die übergeleitete Haftung des Amtsträgers zum Gegenstand, nicht hingegen Ansprüche aus unmittelbarer Staatshaftung (Rz. 9). Seit dem 29.12.2020 ist der Finanzrechtsweg nach § 32i Abs. 2 S. 2 AO auch gegeben für Auskunfts- und Informationszugangsansprüche, deren Umfang nach § 32e FGO begrenzt wird.[6]
  • Investitionszulage für Investitionen in Berlin (West) nach § 19 BerlinFG[7],
  • Investitionszulagen[8],
  • Maßnahmen zur Durchführung einer gemeinsamen Marktorganisation, soweit eine Bundesfinanzbehörde für die Maßnahme zuständig ist[9] und bei Entscheidung der Marktordnungsstelle im Falle des § 19 MOG.[10] Dementsprechend ist der Finanzrechtsweg eröffnet für Streitigkeiten über die Gewährung und Verzinsung von Währungsausgleichsbeträgen[11], über die Festsetzung der Referenzmenge nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung[12], zwischen dem Milcherzeuger und der Molkerei über die Einbehaltung der Milch-Garantiemengen-Abgabe von dem Milchentgelt.[13] Der Finanzrechtsweg besteht demgegenüber nicht für Streitigkeiten über die Nichtvermarktungsprämien, die für die Umstellung der Agrarproduktion gewährt werden[14], sowie über Härtefallbescheinigungen der Landwirtschaftskammern[15] und Streitigkeit über Forstabsatzfondsabgaben.[16]
  • Nach § 23 SchwarzArbG über Verwaltungshandeln der Behörden der Zollverwaltung zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Diese Rechtswegzuweisung ist gem. § 6b Abs. 2 GSA Fleisch i. Z. mit § 6b Abs. 1 S. 1 GSA Fleisch auch anzuwenden, soweit die Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des § 6a GSA Fleisch den Behörden der Zollverwaltung obliegt. Lediglich im Hinblick auf die Prüfung der Einhaltung der Vorgabe des § 6a Abs. 3 S. 4 Nr. 1a GSA Fleisch ist die Bundesagentur für Arbeit und damit die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig. Daher ist für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Einordnung eines Unternehmens als Betrieb der Fleischwirtschaft und diesbezüglichen eventuellen Prüfungsmaßnahmen der Zollverwaltung der Finanzrechtsweg eröffnet.[17]
  • Wohnungsbauprämien[18],
  • Zerlegung von Gemeinschaftsteuern zwischen Bund und Ländern[19],
  • Maßnahmen der Finanzbehörden nach dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz[20],
  • zur Energiepreispauschale i. S. der §§ 112ff. EStG ergehende Verwaltungsakte der Finanzbehörden.[21] Ebenso soll der Rechtsweg zu den FG für den Streit über die Auszahlung der Energiepreispauschale zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Natur...

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