Rz. 1

§ 160 FGO ermöglicht gesetzliche Sonderregelungen für die Beteiligung am Verfahren und die Beiladung, wenn der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten durch Bundes- oder Landesgesetz eröffnet worden ist. Die Vorschrift erlaubt damit Abweichungen von den in §§ 57 und 60 FGO vorgesehenen Bestimmungen. Das gilt insb. für solche Fälle, in denen eine Abgabe (etwa Kirchensteuer) für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet wird und dieser nicht lediglich deshalb beigeladen werden darf, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.[1]

 

Rz. 2

Eine Sonderregelung für die Beteiligung am Verfahren findet sich in § 32i AO. Dessen Abs. 1 bis 3 AO eröffnen den Finanzrechtsweg für verschiedene Streitigkeiten über datenschutzrechtliche Fragen der Finanzbehörden, in § 32i Abs. 6 bis 8 AO werden die unterschiedlichen Beteiligten der jeweiligen Streitigkeiten benannt.[2]

Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen[3] ist u. a. gegen die Vorausfestsetzung von Ausfuhrabgaben, Ausfuhrerstattungen und Beträgen, die zum Zwecke des Währungsausgleichs gewährt werden, in bestimmten Bescheiden der Marktordnungsstelle der Finanzrechtsweg gegeben. In diesem Fall kann das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einem Revisionsverfahren beitreten.

 

Rz. 3

Spezielle Regelungen über die Beiladung finden sich in verschiedenen Kirchensteuergesetzen der Länder:

  • Art. 5 Satz 1 Nr. 3 AGFGO Bayern weist Angelegenheiten der Kirchenumlagen dem Finanzrechtsweg zu. Art. 18 Abs. 6 KirchStG Bayern bestimmt, dass bei Streitigkeiten über seine Umlageberechtigung der gemeinschaftliche Steuerverband von Amts wegen beizuladen ist;
  • § 14 Abs. 4 KiStG NRW eröffnet den Finanzrechtsweg bei einer Heranziehung zur nordrhein-westfälischen Kirchensteuer und bei Ablehnung von Stundungs- und Erlassanträgen. § 14 Abs. 5 Satz 1 KiStG NRW bestimmt, dass beteiligte Behörde i. S. d. § 57 FGO nur diejenige Stelle ist, die nach der jeweiligen Steuerordnung über den Einspruch zu entscheiden hat;
  • § 5 AGFGO Saarland eröffnet den Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Landes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dies kann nach § 14 Abs. 1 KiStG Saarland auf Antrag einer Diözese der Römisch-Katholischen Kirche oder einer Evangelischen Landeskirche für die Kirchensteuer erfolgen. In diesem Fall ist die steuerberechtigte Kirche nach § 16 Abs. 2 Satz 3 KiStG Saarland im Verfahren nach der Finanzgerichtsordnung von Amts wegen beizuladen, wenn über ihre Steuerberechtigung zu entscheiden ist.
 

Rz. 4

Wird eine aufgrund § 160 FGO gesetzlich angeordnete Beteiligung oder Beiladung im finanzgerichtlichen Verfahren unterlassen, liegt eine von Amts wegen zu beachtende Verletzung der Grundordnung des Verfahrens vor. Dieser Verfahrensfehler kann im Revisionsverfahren nicht nach § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO geheilt werden.[4]

[2] S. dazu eingehend die Erläuterungen von Myßen, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 32i AO.
[3] Marktorganisationsgesetz (MOG) i. d. F der Bekanntmachung v. 7.11.2017 (BGBl I 2017, 3746), zuletzt geändert durch Art. 2 der VO vom 22.7.2022, BGBl I 2022, 1197.

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