Rz. 46

Mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung wird die Verletzung der dem FG (nicht dem FA) auferlegten Amtsermittlung[1] gerügt. Die Rüge ist nur dann schlüssig, wenn das FG-Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.[2] Die pauschale Behauptung, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, genügt dazu nicht. Erforderlich ist die Angabe der konkreten Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Da es sich bei der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes um einen verzichtbaren Mangel handelt, ist auch vorzutragen, dass die unterbliebene Sachaufklärung vor dem FG gerügt wurde bzw. weshalb eine solche Rüge nicht möglich war.[3]

 

Rz. 47

Zwar hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, ohne an das Vorbringen und an Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein. Eine mangelnde Sachaufklärung liegt aber nur dann vor, wenn das FG Tatsachen oder Beweismittel außer Acht lässt, die sich ihm nach Lage der Akten, d. h. auch ohne entsprechenden Antrag des Beteiligten, aufdrängen mussten.[4] Dies ist besonders der Fall, wenn sie von den Beteiligten in das Verfahren eingeführt worden sind – insbesondere durch Beweisanträge und Beweisanregungen, aber auch durch einseitigen Tatsachenvortrag. Denn das FG kann grundsätzlich davon ausgehen, dass die Beteiligten selbst auf die Wahrung ihrer Interessen bedacht sind.[5] Je weniger die Beteiligten ihrer verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nachkommen, desto weniger drängt sich dem FG eine entsprechende weitere Aufklärung auf. Insofern wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 S. 2 FGO begrenzt.[6]

 

Rz. 48

Die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise (Übergehen von Beweisanträgen) setzt – nach der sehr strengen Rechtsprechung des BFH – demnach voraus, dass der Revisionskläger (kumulativ) vorträgt[7]:

  • die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (genaue Angabe),
  • die angebotenen Beweismittel (z. B. Einholung eines Sachverständigengutachtens, Nennung der Zeugen mit Namen) und die dazu angegebenen Beweisthemen,
  • die genauen Fundstellen (bei schriftlichen Beweisanträgen: Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl; bei mündlichen Anträgen: Terminprotokolle), in denen die nicht erhobenen Beweismittel und die Beweisthemen angeführt worden sind[8],
  • das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme (Angabe der konkreten Tatsachen, die vom FG voraussichtlich festgestellt worden wären, z. B. Angabe der von den Zeugen zu bekundenden Umstände, nicht lediglich der Rechtsfolgen einer Zeugeneinvernahme),
  • inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann, d. h., inwiefern die weitere Aufklärung des Sachverhalts (das erwartete Ergebnis der Beweisaufnahme) zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Entscheidungserheblichkeit der zu ermittelnden Tatsachen),
  • dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig, d. h. in der nächsten mündlichen Verhandlung[9], gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte bzw. weshalb eine entsprechende Rüge nicht möglich war, z. B. weil die Absicht des FG, die Beweise nicht zu erheben, nicht erkennbar war.[10] Bei einem nur mündlich gestellten, vom FG nicht protokollierten Beweisantrag ist auch vorzutragen, dass von der Möglichkeit der Protokollierung des Antrags bzw. der Protokollberichtigung Gebrauch gemacht wurde.[11] Bei schriftlich gestellten Beweisanträgen ist entsprechend darzulegen, dass diese in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten (wiederholt) wurden bzw. die unterlassene Beweisaufnahme gerügt und die Protokollierung bzw. Protokollberichtigung beantragt wurde (S. Rz. 43).

Wird ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt oder ein schriftlich gestellter Beweisantrag wiederholt und zieht sich das Gericht zur Beratung zurück, ist für den Beteiligten i. A. nicht erkennbar, dass das FG keine Beweisaufnahme durchführen, sondern sogleich in der Sache entscheiden wird.

Hat das FG durch Beweisbeschluss eine Beweisaufnahme angeordnet und will es die Beweisaufnahme nicht oder nicht in vollem Umfang durchführen, muss es vor dem Erlass einer Entscheidung die Beteiligten unmissverständlich darauf hinweisen, dass es von der Beweisaufnahme absieht. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen die Gewährung des rechtlichen Gehörs vor.[12]

 

Rz. 49

Nach BFH v. 22.1.1997, I R 101/95, BStBl II 1997, 464 soll, wenn das FG einen Beweisantrag abgelehnt hat, die Darlegung nicht erforderlich sein, dass der Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung wiederholt wurde. Dem ist im Hinblick auf die Anforderungen an die Schlüssigkeit der Verfahrensrüge nicht zuzustimmen, es sei denn, dem FG drängten sich weitere Sachverhaltsaufklärungen ohnehin auf (Rz. 41).

Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn der Beweisantrag das Beweisthema wenigstens so weit konkretisiert hat, dass das FG in die Lage versetzt wurde, sich eine eigene (vorläufige) Meinung über die ...

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