Rz. 33

Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts war schon nach bisheriger Rspr. ein Merkmal grundsätzlicher Bedeutung.[1] Nach der Neufassung durch das 2. FGOÄndG[2] stellt das Rechtsfortbildungserfordernis einen eigenständigen Zulassungsgrund dar. Zum Begriff des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung s. Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 115 FGO Rz. 23f. Die Fälle offenkundiger (evidenter) Fehlentscheidungen, deren Korrektur zum Erhalt des Vertrauens der Allgemeinheit in die Rspr. und in die Steuergerechtigkeit notwendig ist ("qualifizierter Rechtsfehler"), ordnet der BFH der Sicherung der Rechtsprechungseinheit[3] zu.[4]

Eine Fortbildung des Rechts kommt in Betracht, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist; insbesondere dann, wenn der Einzelfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.[5] Voraussetzung hierfür ist u. a., dass die Rechtsfortbildung im Allgemeininteresse liegt und die herausgestellte Rechtsfrage klärungsbedürftig ist.[6]

 

Rz. 34

Da es sich bei dem Erfordernis einer Revisionsentscheidung zur Rechtsfortbildung um einen Spezialfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung handelt[7], decken sich die Darlegungserfordernisse mit denen zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.[8] Auch hier muss substanziiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rspr. und Lit. vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist.[9] Dies ist bei einer einzelfallbezogenen Beurteilung nicht der Fall.[10] Es muss konkret dargelegt werden, dass und in welchem Umfang und aus welchen Gründen die aufgeworfene Rechtsfrage in Rspr. und/oder Lit. umstritten ist und deshalb über die Entscheidung im Entscheidungsfall hinaus im allgemeinen Interesse einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.[11] Eine Rechtsfrage, die der BFH bereits geklärt hat, bedarf im Regelfall keiner erneuten Klärung im Revisionsverfahren.[12] Das gilt auch, soweit ein Verfassungsverstoß geltend gemacht wird.[13] Wie im Rahmen der grundsätzlichen Bedeutung reicht es auch hier nicht aus, Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen FG-Urteils vorzutragen.[14]

Der Akzent liegt dabei auf dem Erfordernis der Rechtsfortbildung. Die Darlegung des Zulassungsgrunds muss im Wesentlichen Folgendes enthalten:

  • Es ist eine noch ungeklärte Rechtsfrage herauszustellen, die im Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit klärungsfähig ist.
  • Ferner ist die Klärungsbedürftigkeit darzulegen. Dazu sind die Gründe anzugeben, aus denen die Streitsache dem BFH Veranlassung gibt, über den Streitfall hinaus auch für eine Vielzahl anderer Fälle bedeutsame Grundsätze (Leitsätze) für die Auslegung materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.[15] Der Beschwerdeführer muss substanziiert ausführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.[16]
  • Liegt bereits höchstrichterliche Rspr. vor, ist darzulegen, weshalb gleichwohl eine erneute höchstrichterliche Entscheidung im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung erforderlich ist.[17] Es sind gewichtige, gegen die vorliegende Rspr. sprechende eigene oder im Schrifttum bzw. in der Rspr. vertretene Argumente vorzutragen.[18]

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