Rz. 14

Schreib-, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einer gerichtlichen Entscheidung sind jederzeit, auch nach Rechtskraft oder Einlegung der Revision, zu berichtigen.[1] Enthält die gerichtliche Entscheidung eine solche Unrichtigkeit, berichtigt das Gericht von Amts wegen. Die Berichtigung ist weder antrags- noch fristgebunden.[2]

 

Rz. 15

Gleichwohl ist ein Berichtigungsantrag einer der Beteiligten des Verfahrens nur zulässig, wenn dieser Beteiligte geltend machen kann, durch die Unrichtigkeit beschwert zu sein. Daher kann ein Berichtigungsantrag unzulässig sein, wenn an der begehrten Berichtigung kein berechtigtes Interesse besteht. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO besteht ein berechtigtes Interesse überhaupt nur dann, als mit der Berichtigung die Grundlagen für eine Rechtsmittelentscheidung geschaffen werden sollen.[3] Daher soll kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Berichtigung des Urteils nach § 107 FGO bestehen, wenn das zu berichtigende Urteil rechtskräftig geworden ist und eine Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Unrichtigkeiten schon aus diesem Grund nicht vorliegen kann.[4] Ebenso ist die Berichtigung einer Entscheidung des BFH unzulässig, weil gegen Entscheidungen des BFH kein Rechtsmittel gegeben ist und sich das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch nicht aus der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde zum BVerfG und einer Beschwerde zum EGMR herleiten lässt, weil in diesen Verfahren keine Tatbestandsbindung besteht.[5] Das Rechtsschutzbedürfnis erfordert daher eine Entscheidungserheblichkeit.[6] Allerdings kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Urteilsberichtigung nicht mit der Begründung verneint werden, dass sich die Berichtigung auf einen Umstand beziehe, auf den es nach der Auffassung des FG nicht ankomme, wenn gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt worden ist mit dem Ziel, die Rechtsauffassung des FG in diesem Punkt zu überprüfen.[7] Allerdings dürfte wegen der Berichtigungspflicht[8] des Gerichts bei einer erkannten offenbaren Unrichtigkeit dem entsprechenden Berichtigungsantrag ein Rechtsschutzbedürfnis nur im Zusammenhang mit dem tatbestandsübergreifenden Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO ein Rechtsschutzbedürfnis zugrunde gelegt werden. Die Übrigen offenbaren Unrichtigkeiten einer gerichtlichen Entscheidung sind von Amts wegen zu berichtigen und können kein Rechtsschutzbedürfnis erfordern.[9]

Für den Antrag auf Berichtigung einer Entscheidung des BFH besteht gem. § 62 Abs. 4 FGO Vertretungszwang.[10] Da offenbare Unrichtigkeiten jedoch von Amts wegen zu berichtigen sind, löst auch ein Berichtigungsantrag einer nicht vertretungsbefugten Person eine entsprechende Amtsprüfung aus.[11]

 

Rz. 16

Die (Ablehnung der) Berichtigung erfolgt gem. § 107 Abs. 2 S. 3 FGO durch Beschluss. Der Beschluss ist zu begründen. Es kann gem. § 107 Abs. 2 S. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Es steht daher im Ermessen des Gerichts, ob es den Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung erlässt. Eine mündliche Verhandlung dürfte allerdings nur angebracht sein, wenn die Berichtigung beantragt wird und streitig ist bzw. Zweifel bestehen, ob eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt. Vor Erlass des Beschlusses ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Von einer Anhörung der Beteiligten kann aber abgesehen werden, wenn es sich um die Berichtigung reiner Formalien wie z. B. Schreib- oder Rechenfehler handelt, deren Korrektur nicht zu einem Eingriff in die Rechtsstellung der Beteiligten führen kann.[12]

 

Rz. 17

Die berichtigte Entscheidung wird nicht erneut zugestellt, sodass auch kein neuer Fristenlauf für Rechtsmittel gegen die ursprüngliche Entscheidung beginnt.[13] Vielmehr wirkt der Berichtigungsbeschluss auf den Zeitpunkt der Verkündung oder Zustellung zurück.[14] Daher wird der Berichtigungsbeschluss gem. § 107 Abs. 2 S. 2 FGO nur auf der Originalentscheidung (in den Akten des Gerichts) und auf den Ausfertigungen vermerkt. Bei umfangreichen Berichtigungen genügt es, wenn der Vermerk die berichtigende Entscheidung und die Teile der ursprünglichen Entscheidung, die geändert worden ist, erkennen lässt.[15] Dazu fordert die Geschäftsstelle des zuständigen Spruchkörpers die Ausfertigungen von den Beteiligten an.

Die Berichtigung eines elektronisch abgefassten Urteils regelt § 107 Abs. 2 S. 3 FGO. Hiernach ist zunächst auch der Berichtigungsbeschluss zwingend von den Richtern in der durch § 52a Abs. 3 FGO vorgeschriebenen Form zu signieren und bei elektronischer Aktenführung mit dem elektronischen Protokoll in untrennbarer Weise zu verbinden. Hiermit wird zugleich klargestellt, dass die Berichtigung in einem gesonderten Dokument und nicht durch Veränderung der gespeicherten Originalentscheidung vorzunehmen ist.[16] Es erscheint aber fraglich, ob mittlerweile eine allgemein gültige Lösung für die untrennbare Verbindung der elektronischen Dokumente gefunden ist.[17] Werden die Gerichtsakten noch ...

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