Rz. 61

Eine Kassation ohne Sachentscheidung ist nicht möglich, wenn die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind, weil der Stpfl. seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist[1]. Zwar ist in diesen Fällen, wenn der Kläger erstmals im Prozess zur Sache vorträgt, regelmäßig erheblicher Ermittlungsaufwand zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich, jedoch wäre es unter Berücksichtigung der Belange des Beklagten nicht sachdienlich, den Verwaltungsakt aufzuheben, ohne in der Sache zu entscheiden. Es ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass der Stpfl., der im ersten Verwaltungsverfahren seinen Mitwirkungspflichten in keiner Weise nachgekommen ist, sich im dann erforderlich werdenden weiteren Verwaltungsverfahren kooperativer verhalten wird[2]. Verletzt der Kläger auch im gerichtlichen Verfahren seine Mitwirkungspflicht, kann das Gericht nach §§ 65 Abs. 2, 79b Abs. 3 FGO mit Ausschlussfristen reagieren. Das Gericht hat zudem in solchen Fällen die Möglichkeit, von seiner eigenen Schätzungsbefugnis[3] Gebrauch zu machen[4].

 

Rz. 62

Ob der Stpfl. seiner Erklärungspflicht nachgekommen ist, ist gem. §§ 149ff. AO zu beurteilen. Hat der Stpfl. seine Erklärungspflicht im Verwaltungsverfahren oder außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren verletzt und wurde deshalb geschätzt, kann nicht nach § 100 Abs. 3 FGO verfahren werden. Die Einreichung der Steuererklärung im Prozess ändert daran nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nichts[5]. Ob eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durchgeführt wurde, richtet sich nach § 162 AO. Auch bei einer Teilschätzung seitens der Finanzbehörde scheidet die Kassation ohne Sachentscheidung aus[6]. Ist der Stpfl. im Verwaltungsverfahren seiner Erklärungspflicht jedoch nachgekommen und wurde dennoch geschätzt, kann das Gericht nach § 100 Abs. 3 FGO verfahren.

[2] BFH v. 29.3.1995, II R 13/94, BStBl II 1995, 542; kritisch hierzu Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 40.
[5] V. Groll, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 100 Rz. 45.
[6] V. Groll, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 100 Rz. 45.

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