Rz. 35

Für den Erlass des Haftungsbescheids gelten die Regeln über die Festsetzungsfrist.[1] Sie sind auch auf die Berichtigung des Haftungsbescheids nach § 129 AO anzuwenden, sofern diese zu Lasten des Haftungsschuldners ausfällt. Da § 191 Abs. 3 S. 1 AO die Festsetzungsfrist nur auf den Erlass des Haftungsbescheids erstreckt, gilt sie für die Rücknahme[2] und den Widerruf[3] des Haftungsbescheids nicht.[4] Da § 130 Abs. 3 AO (dieser gilt nach § 131 Abs. 2 S. 2 AO auch für den Widerruf) nur die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten mit einer Frist versehen hat, können nicht begünstigende und belastende Verwaltungsakte unbefristet ganz oder teilweise zurückgenommen oder widerrufen werden.[5]

§ 191 Abs. 3 AO sieht detaillierte Sonderregelungen zu Beginn, Dauer und Wirkung der Festsetzungsfrist für einzelne Haftungsgrundlagen vor. Außerdem ergänzt Abs. 5 die Festsetzungsfrist durch Ausschlussgründe, die aus der Akzessorietät abzuleiten sind. Für die Haftungsansprüche, die aus außersteuerlichen Vorschriften folgen, bestimmt § 191 Abs. 4 AO, dass die im Zivilrecht geltenden Verjährungsvorschriften zu beachten und wie Festsetzungsfristen zu behandeln sind.[6] Die Regeln über die Festsetzungsfrist der AO gelten in diesen Haftungsfällen nicht. Zu beachten sind die zivilrechtlichen Hemmungstatbestände wie z. B. diejenigen nach §§ 202, 203 BGB. Hierunter fallen auch zivilrechtliche Fristen für die Geltendmachung einer Haftung, die wie Verjährungsfristen behandelt werden. Das sind z. B. die durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz v. 18.3.1994 eingeführten Fristen von jeweils fünf Jahren für die Haftung nach § 25 HGB[7] und für die Gesellschafterhaftung.[8]

 

Rz. 36

Auch die Zahlungsverjährung[9] gilt für die Haftungsansprüche, allerdings nicht für die Haftungsansprüche, die aus außersteuerlichen Vorschriften folgen. §§ 228ff. AO behandeln nämlich nur die Verjährung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis.[10] Für die steuerlichen Haftungsansprüche beginnt die Zahlungsverjährungsfrist nach § 229 Abs. 1 AO grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch zuerst fällig geworden ist, frühestens mit Ablauf des Jahres der Festsetzung. Für die Zahlungsverjährung von Haftungsansprüchen enthält § 229 Abs. 2 AO eine Abweichung von der Grundregel: Nicht die sich durch die Zahlungsaufforderung ergebende erste Fälligkeit soll maßgebend sein, sondern der Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids, auch wenn er ohne Zahlungsinanspruchnahme ergeht. Mit Ablauf des Jahres, in dem der Haftungsbescheid erlassen worden ist, beginnt die Zahlungsverjährung zu laufen.

[7] S. § 26 HGB.
[8] § 160 HGB.
[10] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor §§ 69–77 AO Rz. 24.

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