Rz. 47

Teilweise werden auch Anträge auf Änderung, Aufhebung oder Berichtigung eines Verwaltungsakts nach den Vorschriften der §§ 129 bis 132 und 172 bis 177 AO i. w. S. zu den informellen Rechtsbehelfen gerechnet.[1] Der Stpfl. ist insoweit in der Wahl seiner Mittel frei. Er kann, ohne ein Einspruchsverfahren anhängig zu machen, die Korrektur eines Verwaltungsakts beantragen. Allerdings bindet die Bestandskraft des Verwaltungsakts auch die Finanzbehörde. Sie ist nur dann zur Korrektur des Verwaltungsakts befugt, wenn eine Rechtsnorm dies gestattet. Zumeist besteht für die Finanzbehörde auch keine Änderungspflicht, sondern die Änderungsmöglichkeit wird in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt.

Die Zulässigkeit des formellen Einspruchsverfahrens schränkt außerdem teilweise die Korrekturmöglichkeit ein. Werden z. B. dem Stpfl. nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt, die nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu einer Änderung mit einer niedrigeren Steuerfestsetzung führen könnten, so ist bei einer Kenntniserlangung vor Ablauf der Einspruchsfrist ein Vorrang des formellen Einspruchsverfahrens faktisch dadurch gegeben, dass das Unterlassen der Einspruchseinlegung als ein die Änderung ausschließendes grobes Verschulden gewertet wird.[2]

 

Rz. 48

Eine Besonderheit ergibt sich bei einem Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO, mit dem eine Änderung nur zugunsten des Antragstellers erreicht wird, wenn er innerhalb der Einspruchsfrist gestellt wird. Durch diese befristete Änderungsmöglichkeit kann der Stpfl. die vollständige Entscheidungsbefugnis der Finanzbehörde über den Verwaltungsakt aufgrund der Einspruchseinlegung verhindern, insbesondere eine "Verböserung" durch die Finanzbehörde, wenn eine solche aufgrund des Einspruchs zulässig wäre.[3] Allerdings kann die Finanzbehörde gem. § 177 AO im Rahmen der Änderung Fehler des Verwaltungsakts kompensieren. Dieser Vorteil des Änderungsantrags gegenüber einem Einspruch erscheint aber doch fragwürdig. Der Antrag auf schlichte Änderung muss innerhalb der Einspruchsfrist inhaltlich präzisiert werden, anderenfalls ist der Antrag unzulässig.[4] Nur insoweit eröffnet der Antrag die Korrekturmöglichkeit. Nach Ablauf der Einspruchsfrist können keine weitergehenden Einwendungen mit einer Änderungspflicht der Finanzbehörde nachgeschoben werden. Der Änderungsantrag schränkt also den sicheren Rechtsschutz weitgehend ein. Im Übrigen kann vorläufiger Rechtsschutz durch eine Aussetzung der Vollziehung nicht beantragt werden, da dieser die Einspruchseinlegung zwingend voraussetzt.

 

Rz. 49

Eine Kombination zwischen Einspruch und Antrag auf Änderung ist nicht möglich. Die Anfechtung des Verwaltungsakts mit einem Einspruch bewirkt stets die Unzulässigkeit eines Antrags auf Änderung.[5] Im Hinblick auf die umfassende Nachprüfungspflicht der Finanzbehörde ist ein während der Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens gestellter Änderungsantrag aber als ergänzende Einspruchsbegründung zu sehen.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 347 AO Rz. 21.
[2] S. hierzu § 173 AO Rz. 207.
[3] S. Rz. 11.

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