Rz. 35

 
Praxis-Beispiel

Beispiel[1]: P ist Betreiber eines rein werbefinanzierten Online-Flohmarktes, auf dem Schallplattensammler Tonträger kaufen und tauschen können. Die Vertragsanbahnung und Abwicklung erfolgt ausschließlich über eine Chatfunktion, auf deren Inhalte P keinen Zugriff hat; ergänzende Funktionen wie etwa eine Option zum Direktkauf gibt es nicht. P stellt beim BZSt einen Antrag auf Erteilung einer Auskunft gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PStTG. P begehrt die Feststellung, dass keine Plattform i. S. d. § 3 Abs. 1 PStTG vorliege. Das BZSt erteilt auf unstreitiger Sachverhaltsgrundlage Auskunft mit dem Inhalt, dass P eine Plattform betreibe. P möchte hiergegen vorgehen.

 

Rz. 36

Einen Sonderfall stellt die Erteilung einer inhaltlich abweichenden Auskunft dar. Durch die Auskunftserteilung erreicht der Antragsteller vordergründig sein Ziel einer Bescheidung. Wenn die Rechtsauffassung des BZSt aber von der Rechtsauffassung des Antragstellers abweicht, ist fraglich, ob der Antragsteller auf Erteilung einer Auskunft mit einem bestimmten Inhalt (i. e.: seiner Rechtsauffassung) klagen kann.

 

Rz. 37

Im Beispiel stellt sich somit die Frage, ob P auf Erteilung einer Auskunft mit dem Inhalt klagen kann, dass er keine Plattform betreibe. Im Beispiel hat das BZSt den Sachverhalt korrekt erfasst. Die Auffassung, eine Plattform liege vor, dürfte aber evident rechtsfehlerhaft sein. Denn P hat keinerlei Kenntnis von den tatsächlichen Geschäftsabschlüssen auf seinem Portal.[2]

 

Rz. 38

Im Rahmen der verbindlichen Auskunft und der Lohnsteueranrufungsauskunft vertritt der BFH die Ansicht, dass kein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft mit einem bestimmten Inhalt bestehe.[3] Die gerichtliche Kontrolldichte einer erteilten Auskunft wird im Rahmen einer Evidenzkontrolle auf die Frage beschränkt, ob die Behörde der Auskunftserteilung einen in sich schlüssigen Sachverhalt zugrunde gelegt und nicht evident rechtsfehlerhaft beurteilt hat.[4]

 

Rz. 39

Der BFH begründet die Beschränkung der Kontrolldichte unter anderem damit, dass die endgültige Entscheidung über die Rechtsanwendung dem Steuerbescheid vorbehalten bliebe und dem Stpfl. hiergegen Rechtsmittel zur Verfügung stünden.[5] Ungeachtet der offenen Frage, ob der BFH auch im Rahmen des § 10 Abs. 1 PStTG die Kontrolldichte beschränken würde, sei angemerkt, dass dieses Argument im Kontext des PStTG nicht überzeugen kann. Anders als im Besteuerungsverfahren könnte der Antragsteller seine Rechtsauffassung nämlich ausschließlich im anschließenden Bußgeldverfahren durchsetzen. Zur Festsetzung von Bußgeldern käme es fast zwangsläufig, da bei Kenntnis der abweichenden Verwaltungsauffassung die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 PStTG regelmäßig erfüllt sein werden. Die vorherige Inkaufnahme eines Bußgeldbescheids würde somit zur Voraussetzung, die eigene Rechtsauffassung gegenüber dem BZSt durchsetzen zu können. Dies wirft aus rechtsstaatlicher Sicht zumindest Bedenken auf.[6]

[1] Vgl. Oldiges/Reiners, DStR 2023, 1337, 1340.
[2] Vgl. BT-Drs. 20/3436, 49.
[3] Grundlegend zur verbindlichen Auskunft BFH v. 29.2.2012, IX R 11/11, BFH/NV 2012, 1350, Rz 9ff.; zur Lohnsteueranrufungsauskunft BFH v. 27.2.2014, VI R 23/13, BFH/NV 2014, 1141, Rz 17.
[6] Oldiges/Reiners, DStR 2023, 1337, 1341.

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