Rz. 5

Zur sachlichen Leitung durch die obersten Bundes- und Landesfinanzbehörden gehört auch die Möglichkeit, durch Verwaltungsanweisungen auf eine möglichst einheitliche Gesetzesanwendung hinzuwirken (vgl. Rz. 4; s. zur rechtlichen Qualität von Verwaltungsvorschriften § 4 FVG Rz. 35–42). Dazu gehört auch die Möglichkeit, Verwaltungsanweisungen nachgeordneter Behörden außer Kraft zu setzen. Der bisweilen angesprochene Grundsatz der Nichteinmischung vorgesetzter Behörden in die Gesetzesauslegung durch örtliche Behörden besteht nicht. Durch Verwaltungsanordnungen können verwaltungsintern verbindliche Auslegungsregeln für das Steuerrecht und Rahmenregelungen für die Ausübung gesetzlich vorgesehener Ermessensentscheidungen (z. B. Höhe von Verspätungszuschlägen) getroffen werden.

 

Rz. 6

Allgemeine Verwaltungsvorschriften kann gem. Art. 108 Abs. 7 GG die Bundesregierung erlassen. Soweit die Verwaltung der Steuern den Landes- oder Gemeindefinanzbehörden obliegt, bedürfen diese allgemeinen Verwaltungsvorschriften der Zustimmung des Bundesrats. Solche Verwaltungsvorschriften sind z. B. die sog. Richtlinien wie z. B. die ESt-Richtlinien, interne Verfahrensanordnungen wie die Vollstreckungsanweisung und die Betriebsprüfungsordnung. Für die von der Bundesfinanzverwaltung verwalteten Steuern (z. B.Verbrauchsteuern) ergehen solche Verwaltungsvorschriften ohne Zustimmung des Bundesrats.

 

Rz. 7

Einzelanweisungen des BMF können von diesem erlassen werden, wenn die Steuern im Auftrag des Bundes verwaltet werden. Das sind die Steuern, die ganz oder teilweise dem Bund zufließen[1]. Für die Auftragsverwaltung tritt gem. Art. 108 Abs. 3 S. 2 GG bei der Anwendung des Art. 85 Abs. 3 u. 4 GG das BMF an die Stelle der Bundesregierung. Den Weisungen des BMF unterstehen damit die Landesbehörden entsprechend Art. 85 Abs. 3 GG. Diese Weisungen sind an die oberste Landesbehörde zu richten, die ihren Vollzug sicherzustellen hat. Die Bundesaufsicht erstreckt sich dabei auf die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausführung[2].

Die obersten Finanzbehörden der Länder können für den gesamten Bereich sowohl allgemeine Verwaltungsanweisungen als auch Einzelanweisungen erteilen. An allgemeine Verwaltungsvorschriften des BMF für bundesgesetzlich geregelte Steuern, die mit Zustimmung des Bundesrats ergangen sind, ist die oberste Landesbehörde jedoch ebenso gebunden wie an Einzelanweisungen des BMF im Bereich derjenigen bundesgesetzlich geregelten Steuern, die das Land im Auftrag des Bundes verwaltet. Nur im Bereich der landesrechtlich geregelten Steuern hat also die oberste Landesfinanzbehörde die uneingeschränkte sachliche Leitung.

Nicht geklärt ist die verfassungsrechtliche Streitfrage, ob das BMF außer den allgemeinen Verwaltungsvorschriften (der Bundesregierung) nach Art. 108 Abs. 7 GG, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, und den Einzelanweisungen nach Art. 108 Abs. 3 S. 2 GG nach letzterer Vorschrift auch noch allgemeine Weisungen (z. B. durch Erlasse, Rundschreiben) an die Landesfinanzverwaltungsbehörden richten darf. Der Streit zwischen Bund und Ländern ist durch eine Vereinbarung v. 15.1.1970 für die praktische Handhabung ausgeräumt worden. Da einerseits das BMF aus praktischen Gründen nicht für jeden Fragenkomplex und jede Auslegungsfrage eine allgemeine Verwaltungsvorschrift i. S. d. Art. 108 Abs. 7 GG mit Zustimmung des Bundesrats erlassen kann, andererseits die Einheitlichkeit der Gesetzesanwendung auch in den zahlreichen einzelnen Steuerfragen angestrebt werden muss, erlässt nach der Vereinbarung das BMF nach Abstimmung in Länderreferatsleiter- oder Steuerabteilungsleitersitzungen Schreiben zu solchen Fragen an die obersten Landesfinanzbehörden, deren Inhalt von diesen per Erlass an die nachgeordneten Landesfinanzbehörden weitergeleitet wird. Vgl. im Übrigen § 21a FVG.

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