Rz. 18

Das Besteuerungsverfahren soll durch die Anhörung nur im Rahmen des Erforderlichen verzögert werden. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist deshalb auf die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen beschränkt. Nicht entscheidungserhebliche Verhältnisse können sich nicht zulasten des Beteiligten auswirken und bedürfen insofern auch keiner Erörterung. Eine Tatsache ist entscheidungserheblich, wenn sich ihr Vorliegen bzw. Nichtvorliegen auf den Regelungsinhalt der zu treffenden Entscheidung auswirkt oder auswirken kann.[1]

 

Rz. 19

Ausreichend ist insoweit, dass einer Tatsache nach dem aktuellen Stand des Verfahrens potenzielle Entscheidungserheblichkeit beizumessen ist.[2] Hierfür ist die rechtliche Einschätzung der Finanzbehörde maßgebend, und zwar unabhängig davon, ob sich die Einschätzung im Nachhinein auch als materiell zutreffend erweist.[3] Nach seinem Wortlaut gewährt § 91 Abs. 1 AO nur das Recht, sich in tatsächlicher Hinsicht zu äußern. Ist der nach Rechtsauffassung des Stpfl. erhebliche Sachverhalt jedoch nach der Verwaltungsauffassung unerheblich, so muss ihm insoweit kein Gehör geschenkt werden, da dieser Sachverhalt nach der allein maßgebenden Rechtsauffassung der Finanzbehörde nicht erheblich ist. Allerdings wird man es dem Stpfl. nicht verbieten können, sich auch in rechtlicher Hinsicht zu äußern, wenngleich das Abschneiden rechtlicher Ausführungen dann keinen Verfahrensfehler darstellt.

[1] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 91 AO Rz. 70; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 28 VwVfG Rz. 33.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rz. 10.
[3] BVerfG v. 10.3.1992, 2 BvR 430/91, NJW 1992, 2217; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 91 AO Rz. 74.

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