Rz. 70

Grundlage für die Verwirklichung der Gesamtschuld sind nach § 218 Abs. 1 S. 1 AO Steuerbescheide, Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden. Über Säumniszuschläge und über Erstattungsansprüche ist erforderlichenfalls durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO zu entscheiden.

Schulden mehrere eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie nach § 155 Abs. 3 S. 1 AO zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Ob die Finanzbehörde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder getrennte Steuerbescheide gleichen Inhalts erlässt, steht in ihrem Ermessen.[1] Ein sachlicher Unterschied ergibt sich daraus nicht, weil auch der zusammengefasste Bescheid aus mehreren nur äußerlich miteinander verbundenen Steuerbescheiden besteht.[2] Einzelbescheide brauchen keinen Hinweis auf die Stellung einer anderen Person als Gesamtschuldner zu enthalten.[3]

Ob in entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 3 AO auch gegenüber mehreren Haftungsschuldnern ein zusammengefasster Haftungsbescheid ergehen kann, ist umstritten.[4] Ein praktisches Bedürfnis dafür dürfte kaum bestehen, weil die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zumeist auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Ermessenserwägungen erfordert.[5] Auf jeden Fall ausgeschlossen ist die Zusammenfassung von Bescheiden, mit denen der ein Stpfl. als Steuer- und ein anderer als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird.[6]

Haftet ein Entrichtungspflichtiger für die Steuerschuld, weil er seiner Pflicht zur Abgabe einer Steueranmeldung nicht nachgekommen ist, begründet § 167 Abs. 1 S. 1 AO für die Finanzbehörde ein Wahlrecht, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen. Wird der Haftungsschuldner durch Nacherhebungsbescheid in Anspruch genommen, sind keine besonderen Ermessenserwägungen der Behörde erforderlich.[7]

Rz. 71–72 einstweilen frei

[4] Dafür: Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 44 AO Rz. 42; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 44 AO Rz. 32; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 44 AO Rz. 32; dagegen: Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 42 Rz. 20.
[5] Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 44 AO Rz. 32.
[6] Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 44 AO Rz. 42; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 44 AO Rz. 32; a. A. Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 44 AO Rz. 32.

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