Rz. 34

Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts bestehen, wenn ein Steuergesetz tatbestandlich an eine rechtliche Gestaltung anknüpft, seinem Zweck nach aber einen damit verbundenen wirtschaftlichen Erfolg erfassen will. Setzt der Steuertatbestand wie im Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einen bestimmten rechtlichen Erfolg voraus, muss die gewählte Gestaltung ihrerseits rechtlich wirksam sein[1], weil der Steuertatbestand anderenfalls überhaupt nicht umgangen werden kann.[2] Im Übrigen kommt es im Rahmen des § 42 AO nicht auf die Wirksamkeit der Gestaltung an.[3]

Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts bestehen auf allen Rechtsgebieten.

Gestaltungsmöglichkeiten des Zivilrechts bieten sich vor allem auf dem vom Grundsatz der Privatautonomie geprägten Gebiet des Schuldrechts an.[4] Als Gestaltungsmittel kommen in erster Linie Verträge, daneben aber auch einseitige Willenserklärungen und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen in Betracht.[5] Bei der Gestaltung darf es sich allerdings nicht bloß um ein Scheingeschäft handeln, weil dieses unabhängig von § 42 AO bereits nach § 41 Abs. 2 AO unbeachtlich ist.[6]

Gestaltungsmöglichkeiten des öffentlichen Rechts bestehen insbesondere bei der Erwirkung von Verwaltungsakten, deren Regelungsgehalt für die Besteuerung von Bedeutung ist.[7]

Gestaltungsmöglichkeiten bietet auch das Steuerrecht selbst.[8] Diese bestehen in erster Linie in der Ausübung steuerlicher Wahlrechte, etwa bei der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen im Lohnsteuerermäßigungverfahren[9], dem Wechsel vom Lohnsteuerabzug zur Lohnsteuerpauschalierung[10], dem Wechsel der Lohnsteuerklasse oder der Veranlagungsart[11] oder der Festlegung eines abweichenden Wirtschaftsjahrs[12], kommen aber auch bei der Leistung von Vorauszahlungen auf künftig entstehende oder festzusetzende Steueransprüche[13] in Betracht.

[2] Stöber in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 51.
[3] Stöber in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 51; Müller, AO-StB 2016, 50.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 28; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 42 Rz. 11.
[5] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 28; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 42 Rz. 11.
[6] Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 51; s. Rz. 18.
[8] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 28a; Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 50; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 42 Rz. 40.

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