Rz. 57

Nach § 393 Abs. 2 S. 2 AO gilt das Verwendungsverbot nicht, wenn der Stpfl. eine nichtsteuerliche Straftat offenbart hat, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht. Diese Fälle sind in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO umschrieben. Allerdings ist die dortige Aufzählung nicht abschließend ("namentlich"). Es handelt sich um Verbrechen oder vorsätzliche schwere Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen oder um besonders schwere Wirtschaftsstraftaten.[1] Die Ausnahmeregelung des § 393 Abs. 2 S. 2 AO ist eng auszulegen.[2]

 

Rz. 58

Wegen des Verweises in § 393 Abs. 2 S. 2 AO auf § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO, und damit auf eine nicht vollständig abgrenzbare Vorschrift, sind zu Recht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm geäußert worden. Mag § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO für ein Verwaltungsverfahren noch zureichend bestimmt sein[3], setzt das Strafverfahren dagegen eine rechtliche Bestimmtheit voraus. Vorgetragen wird zudem, dass mit § 393 Abs. 2 S. 2 AO ein Verstoß begründet werde gegen das "nemo-tenetur"-Prinzip, also den Grundsatz, dass sich niemand wegen einer Straftat selbst belasten muss. Zur Verfassungswidrigkeit dieser Ausnahmeregelung:

Zur praktischen Bedeutungslosigkeit dieser Streitfrage s. Rüster, wistra 1988, 49, 51; Klein/Jäger, AO, 16. Aufl. 2022, § 393 Rz. 58.

[2] OLG Stuttgart v. 16.4.1986, 2 Ss 772/86, wistra 1986, 191; Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 393 AO Rz. 148.
[3] Kordt, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 30 AO Rz. 113; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 30 Rz. 192.

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