Rz. 102

Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO wird das Gesamthands- bzw. Gesellschaftsvermögen – soweit für steuerliche Zwecke eine getrennte Zurechnung erforderlich ist – den Beteiligten so zugerechnet, als wären sie nach Bruchteilen beteiligt. Durch diese Regelung wird das privatrechtliche Institut der Gesamthand, das keine rechnerischen Quoten der einzelnen Beteiligten am Gesamthandsvermögen kennt, in einer Weise "wirtschaftlich ausgedeutet", die eine Zuordnung von rechnerischen Anteilen am Gesamthandsvermögen auf die einzelnen Gesamthandsberechtigten ermöglicht.[1]

Entsprechendes gilt für die Zurechnung des Vermögens von Personengesellschaften auf deren Gesellschafter.

Der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO steht nicht entgegen, dass die Personengesellschaft, der das Vermögen gehört, zwischen nahen Angehörigen zustande gekommen ist. Für die steuerrechtliche Berücksichtigung des Gesellschaftsverhältnisses spielt es keine Rolle, ob der Familienangehörige seine Beteiligung mit selbst aufgebrachten oder ihm schenkweise zur Verfügung gestellten Mitteln entgeltlich erworben hat.[2]

 

Rz. 103

Die gedankliche Zerlegung der zum Gesamthands- bzw. Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter ist nicht nur für die Steuerberechnung von Bedeutung, sondern kann sich auch auf die Entstehung von Steueransprüchen auswirken. Bringen Bruchteilseigentümer ihre Anteile in gleichbleibender Höhe in eine personenidentische GbR ein, so liegt kein Anschaffungsvorgang vor, weil die Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO als Bruchteilseigentümer im bisherigen Umfang anzusehen sind.[3] Vermietet eine Eigentümergemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, ein Grundstück an die Betriebs-GmbH, kommt die anteilige Zurechnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmens in Betracht, wenn die Vermietung an die Betriebs-GmbH durch die betrieblichen Interessen des Besitzunternehmens veranlasst ist.[4] Für die Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels ist bei der Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze die Veräußerung eines 50 %-igen Kommanditanteils an einer gewerblich geprägten Grundstücksgesellschaft als – anteilige – Übertragung so vieler Objekte zu werten, wie sich im Eigentum der Personengesellschaft befinden.[5] Bei einem gewerblichen Grundstückshändler ist die Veräußerung eines Anteils an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft der Veräußerung eines Grundstücks gleichzustellen.[6] Ein Mietvertrag zwischen einer vermietenden GbR und ihrem Gesellschafter ist steuerlich nicht anzuerkennen, soweit dem Gesellschafter das Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO anteilig zuzurechnen ist.[7]

 

Rz. 104

Einen Maßstab für die Aufteilung gibt das Gesetz nicht an. Demgegenüber bestimmte § 11 Nr. 5 StAnpG, auf den § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO zurückgeht, dass sich die Höhe der Bruchteile nach den "Anteilen" bemessen, zu denen die einzelnen Beteiligten an dem Gesamthandsvermögen berechtigt sind (sog. "Vermögensanteil"), oder nach dem Verhältnis dessen, was den Beteiligten bei der Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft zufallen würde (sog. "Liquidationsanteil"). Die Verteilung des Vermögens einer Personengesellschaft auf die Gesellschafter sollte nach der Rechtsprechung des BFH in erster Linie nach dem "Vermögensanteil" der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen erfolgen, während der "Liquidationsanteil" ein Hilfsmaßstab war, der zum Zuge kam, wenn an dem maßgebenden Stichtag feststand, dass die Gesellschaft aufgelöst oder abgewickelt werden wird.[8] Daran ist festzuhalten.[9] Zur Ermittlung des maßgeblichen Anteils ist auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften[10] und die getroffenen Vereinbarungen abzustellen.[11] Dem allein am Kapital einer KG beteiligten Kommanditisten sollen deren Wirtschaftsgüter in vollem Umfang zuzurechnen sein.[12] In Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten ist das Gesamtgut im Hinblick auf § 1476 Abs. 1 BGB je zur Hälfte zuzurechnen.[13] Für die vermögensmäßige Beteiligung an einer Erbengemeinschaft ist die Höhe der Erbquote maßgeblich.[14]

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