Rz. 96

Die anteilige Zurechnung der zum Gesamthands- bzw. Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter auf die Beteiligten erfolgt nur, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Kann die Besteuerung ohne Aufspaltung durchgeführt werden, so bleibt es bei der Regelzurechnung.

Eine anteilige Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO ist erforderlich, wenn die Gesamthand bzw. die Personengesellschaft den Besteuerungstatbestand erfüllt, ohne selbst Steuerschuldnerin zu sein.[1] Demgegenüber scheidet die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO aus, soweit die Gesamthand bzw. die Personengesellschaft – wie insbesondere bei der USt, der GrSt, der GrESt und der GewSt. oder bei der Option einer Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft zur KSt nach § 1a KStG – selbst Steuerschuldnerin ist.[2]

 

Rz. 97

Bei der ESt sind nicht die Gesamthand bzw. Personengesellschaft als solche Steuerschuldner, sondern die Gesamthänder bzw. Gesellschafter. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind je nach Einkunftsart unterschiedlich.

Gewerblich tätige Personengesellschaften sind nach st. Rspr. des BFH als Subjekte der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung anzusehen.[3] Dies hat zur Folge, dass die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO durch § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verdrängt wird. Dies gilt nicht nur für die Ermittlung der den einzelnen Gesellschaftern nach dieser Vorschrift zuzurechnenden Gewinnanteile, für die es keiner Zurechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle der Gesellschaft an die Gesellschafter bedarf[4], sondern auch für die Beurteilung von Veräußerungsvorgängen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Veräußert der Gesellschafter ein Wirtschaftsgut an "seine" Personengesellschaft zu Bedingungen, die auch bei entgeltlichen Veräußerungen zwischen Fremden üblich sind, so stellt dieser Vorgang insgesamt und einheitlich eine entgeltliche Veräußerung dar.[5]

Besonderheiten können sich bei der Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft ergeben, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt und zu deren Betriebsvermögen im Umlaufvermögen gehaltene Grundstücke gehören. Der Gewinn aus einer solchen Veräußerung ist jedenfalls dann auf der Grundlage der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO als laufender Gewinn dem Gewerbeertrag zuzurechnen, wenn das Vermögen der Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus solchen Grundstücken besteht. Tragend hierfür ist, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils unter den beschriebenen Voraussetzungen nicht anders behandelt werden kann als der Gewinn, den ein Einzelunternehmer (oder eine Personengesellschaft) bei der Aufgabe oder Veräußerung seines (ihres) gewerblichen Grundstückshandelsunternehmens aus der Veräußerung der zum Umlaufvermögen gehörenden Grundstücke erzielt.[6]

Eine Abweichung von der Regelzurechnung ist ferner dann erforderlich sein, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme bestimmter Vergünstigungen – z. B. der Reinvestitionsbegünstigung gem. § 6b EStG[7] bzw. erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen[8] – nur bei einzelnen Mitunternehmern erfüllt sind. Bei der Ermittlung der für die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG erforderlichen Mindestbeteiligungsquote von 10 Prozent sind Beteiligungen über eine Mitunternehmerschaft dem Mitunternehmer anteilig zuzurechnen.[9] Demgegenüber kommt bei dem geplanten Erwerb von Anteilen an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags für den anteiligen Erwerb eines im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Wirtschaftsguts nicht in Betracht.[10]

§ 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO steht einer disproportionalen Gewinnzurechnung nicht entgegen.[11]

 

Rz. 98

Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften wird § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO hingegen nicht von § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG verdrängt.[12] Denn die Gesellschafter einer solchen Personengesellschaft sind steuerrechtlich jeweils eigenständig zu behandeln. Daher ist auch eine getrennte Zurechnung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft, die ihren Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen und aus denen jeweiligen Vermögensertrag erzielen, Grundlage der Besteuerung. Für die Frage, ob in solchen Fällen beim Gesellschafter der rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft anteilig jeweils ein eigenes Wirtschaftsgut vorliegt, kommt es auch nicht darauf an, ob der Gesellschafter diesen Anteil im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen hält.[13]

Entsteht einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Aufwand für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese Anschaffungskosten in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu verteilen, um im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 AO die daraus resultierenden stillen Reserven zutreffend bei dem maßgeblichen Gesellschafter zu erfassen.[14] Beim entgeltlichen ...

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