Rz. 16

§ 39 AO gilt nicht unmittelbar für die Zurechnung von Einkünften.[1] Diese sind vielmehr demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht.[2]

Je nach Art des Einkunftstatbestands kann dies allerdings die rechtliche bzw. wirtschaftliche Verfügungsmacht über das zur Erzielung der Einkünfte eingesetzte Wirtschaftsgut voraussetzen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt derjenige, dem der Mitunternehmeranteil nach § 39 AO zuzurechnen ist.[3] Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. v. § 17 EStG sind demjenigen zuzurechnen, der rechtlicher oder wirtschaftlicher Inhaber der Anteile ist.[4] Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, wer Kapital im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Entgelt zur Nutzung überlässt.[5] Hinsichtlich der Einkünfte i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG bestimmt § 20 Abs. 5 S. 1 EStG ausdrücklich, dass diese von dem Anteilseigner erzielt werden. Dies ist gem. § 20 Abs. 5 S. 2 EStG die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses[6] oder des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung[7] nach § 39 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO zuzurechnen sind.[8] Die Annahme steuerfreier Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG setzt voraus, dass diese der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind.[9] Auch die Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG steht dem wirtschaftlichen Inhaber des veräußerten Anteils zu.[10] Bei einer ausländischen Stiftung können das von ihr verwaltete Vermögen und die daraus erzielten Einkünfte einer anderen Person – z. B. dem Stifter – zuzurechnen sein, wenn die Organe der Stiftung an deren Weisungen gebunden sind.[11] Soweit die Einnahmen einem Nießbraucher oder Pfandgläubiger zuzurechnen sind, gilt dieser als Anteilseigner.[12] Ist an einem Kapitalgesellschaftsanteil ein Nießbrauch bestellt, der dem Nießbrauchsberechtigten lediglich einen Anspruch auf den mit der Beteiligung verbundenen Gewinnanteil einräumt, ohne dass dieser wesentliche Verwaltungsrechte, insbesondere die Stimmrechte, ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann, sind die Kapitaleinnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ertragsteuerlich weiterhin dem Anteilseigner zuzurechnen.[13] Auch die Zurechnung von Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen richtet sich danach, wer rechtlicher oder wirtschaftlicher Inhaber der Kapitalforderung ist.[14] Demgegenüber hängt die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. v. § 21 Abs. 1 EStG nicht davon ab, wer rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des vermieteten oder verpachteten Gegenstands ist, sondern wer rechtlich und wirtschaftlich dazu in der Lage ist, dieses einem anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen.[15]

Zur Vornahme von Absetzungen für Abnutzung i. S. v. §§ 7ff. EStG ist derjenige befugt, der das Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung einsetzt und selbst dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat. Dies ist grundsätzlich der rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer des Wirtschaftsguts, der als solcher den Wertverzehr wirtschaftlich trägt.[16] Eine Ausnahme gilt für den Fall des Vorbehaltsnießbrauchers. Da dieser vor der Übertragung des Wirtschaftsguts dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat, bleibt er auch danach AfA-befugt.[17]

Die Annahme "eigenen" Grundbesitzes i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, für den unter den in dieser Vorschrift näher geregelten Voraussetzungen die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gewährt werden kann, setzt nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum des Unternehmers voraus, vielmehr reicht wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO aus. Umgekehrt liegt kein eigener Grundbesitz des Unternehmers vor, wenn dieser zwar zivilrechtlicher, nicht aber wirtschaftlicher Eigentümer ist.[18]

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