2.3.1 Haftungsanspruch

 

Rz. 21

Der Haftungsanspruch entsteht mit der Verwirklichung des Tatbestands, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Obwohl die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nach § 191 Abs. 1 AO im Ermessen der Finanzbehörde liegt, ist die Entstehung der Haftungsschuld davon unabhängig. Der Haftungsbescheid wirkt daher ebenso wie ein Steuerbescheid nicht konstitutiv, sondern deklaratorisch.[1]

Da sich der Haftungsanspruch grundsätzlich akzessorisch zum Steueranspruch verhält, setzt seine Entstehung – abgesehen von den Fällen der Sachhaftung nach § 76 AO[2] – voraus, dass die Steuerschuld entstanden ist und noch besteht.[3] Die Festsetzung des Steueranspruchs gegenüber dem Steuerschuldner[4] oder dessen Fälligkeit[5] sind demgegenüber nicht erforderlich. Umgekehrt schneidet die Bestandskraft der Steuerfestsetzung dem Haftungsschuldner Einwendungen gegen den Bestand des Steueranspruchs nur unter den Voraussetzungen des § 166 AO ab.

Die Haftung kann sich außer aus den Vorschriften der AO[6] und der Einzelsteuergesetze[7] auch aus dem Zivilrecht ergeben. So gilt die Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft – soweit diese selbst (wie bei der USt oder der GewSt) Steuerschuldnerin ist – auch für deren Steuerschulden. Voraussetzung ist allerdings eine Mitwirkung des Gesellschafters an der Gestaltung, die den Steuertatbestand ausgelöst hat.[8]

2.3.2 Erstattungsansprüche

 

Rz. 22

Erstattungsansprüche folgen entweder aus Einzelsteuergesetzen[1], aus § 272 Abs. 1 S. 6, § 276 Abs. 6 S. 2 AO oder aus § 37 Abs. 2 AO. Für die Erstattungsansprüche nach den Einzelsteuergesetzen folgt die Entstehung aus der sich dort ergebenden Tatbestandsverwirklichung. Die Erstattungsansprüche nach § 272 Abs. 1 S. 6, § 276 Abs. 6 S. 2 AO entstehen mit dem Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld nach § 269 AO. Ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO entsteht, wenn eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt wird. Der spätere Wegfall des Rechtsgrunds für die Zahlung oder Rückzahlung ist gem. § 37 Abs. 2 S. 2 AO der Zahlung oder Rückzahlung ohne Grund gleichgestellt. Zeitpunkt der Entstehung dieser Erstattungsansprüche ist der Zeitpunkt der Zahlung bzw. Rückzahlung[2] bzw. bei Wegfall des ursprünglich vorhanden gewesenen rechtlichen Grunds der Zeitpunkt des Wegfalls.

2.3.3 Steuerliche Nebenleistungen

 

Rz. 23

Die steuerlichen Nebenleistungen gem. § 3 Abs. 3 AO entstehen i. d. R. durch Tatbestandsverwirklichung. Säumniszuschläge werden verwirkt (entstehen), wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird. Die Entstehung folgt allein aus dem Zeitablauf, ein Verschulden ist nicht erforderlich.[1] Die Regelung des § 240 Abs. 3 S. 1 AO über die Schonfrist von 3 Tagen ändert nichts an der Entstehung und an dem Entstehungszeitpunkt, sondern betrifft nur die Erhebung. Zur Entstehung der Kosten vgl. Rz. 16.

 

Rz. 24

Bei den Zinsen sind die Entstehungsvoraussetzungen bei jedem Zinstatbestand unterschiedlich. Die Zinsen nach § 233a AO sind von einer Steuerfestsetzung abhängig, die eine Steuernachforderung oder Steuererstattung ergibt. Mit der Steuerfestsetzung entsteht daher der Zinsanspruch.[2] Die Stundungszinsen nach § 234 AO werden für die Dauer einer gewährten Stundung erhoben. Da die Dauer der Stundung und damit auch der Zinslauf und die Höhe der Zinsen bekannt sind, steht im Zeitpunkt der Stundung auch der Zinsbetrag fest.[3] Aussetzungszinsen (§ 237 AO) entstehen mit der endgültigen Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs[4] in der Höhe, die sich aus der Dauer der Aussetzung und der Höhe der ausgesetzten Steuern errechnen lässt. Hinterziehungszinsen nach § 235 AO entstehen mit der Vollendung der Steuerhinterziehung. Erstattungszinsen nach § 236 AO entstehen nicht laufend während der Dauer des gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens, sondern erst mit dem ganz oder teilweise erfolgreichen rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens.[5]

[3] Zur Akzessorietät bei Änderung der Steuerfestsetzung s. FG Baden-Württemberg v. 18.9.1986, III K 168/83, EFG 1987, 12.
[4] Schlücke, in Gosch, AO/FGO, § 38 AO Rz. 52.
[5] Ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 38 AO Rz. 37.

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