3.4.1 Einziehungsantrag

 

Rz. 26a

Die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern gem. § 74 StGB ist im Strafbefehl zu beantragen bzw. ist der Einziehungsantrag, den die Staatsanwaltschaft beabsichtigt in der Hauptverhandlung zu stellen, in der Anklageschrift anzukündigen (s. Rz. 30f.). Da der Einziehungsantrag gem. § 407 Abs. 2 Nr. 1 StPO auch im Strafbefehlsantrag gestellt werden kann, ist dafür auch die Finanzbehörde zuständig.[1] Ebenso kommt ein Antrag im selbstständigen Einziehungsverfahren gem. § 76a StGB – durch die Staatsanwaltschaft oder auch durch die Finanzbehörden[2] – in Betracht (Rz. 32f.).

 
Praxis-Beispiel

Formulierungsbeispiele

Die Pistole (genaue Bezeichnung / Nummer des Asservats) wird eingezogen (§ 74 StGB). (Strafbefehl)

Es wird beantragt werden, die Pistole (genaue Bezeichnung / Nummer des Asservats) einzuziehen (§ 74 StGB). (Anklageschrift)

[1] Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 400 AO Rz. 2a; § 430 StPO; Ebner, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 375 AO Rz. 34.
[2] in Fällen des § 386 Abs. 2 AO.

3.4.2 Einziehungsentscheidung

 

Rz. 27

Die Anordnung der Einziehung erfolgt durch das Strafgericht und ist Teil des Urteils.[1] Die Einziehungsanordnung (als Teil des Urteilstenors) muss die betreffenden Einziehungsgegenstände so genau benennen, dass ein Vollstreckungsorgan Gegenstand und Umfang der Einziehung erkennen kann.[2] Sie liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, dem sie als zusätzliche Maßnahme geboten erscheinen muss.[3] Soweit der Einziehung gem. § 74ff. StGB (mit Ausnahme der Sicherungseinziehung gem. § 74b StGB) Strafcharakter zukommt (s. Rz. 17a), müssen die allgemeinen Strafzumessungskriterien[4] beachtet werden.

 

Rz. 27a

In der Praxis ist ein förmliches Einziehungsverfahren hinsichtlich Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern gem. § 74 StGB oft entbehrlich, weil sich der Beschuldigte mit der formlosen Einziehung der Gegenstände ausdrücklich einverstanden erklärt. Dies geschieht regelmäßig zu Protokoll im Rahmen der Hauptverhandlung und der Angeklagte erklärt so einen unwiderruflichen Verzicht auf Herausgabeansprüche.[5] Dabei reicht es für die Entstehung der Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG aus, wenn der Verteidiger sich in der Hauptverhandlung mit der außergerichtlichen Einziehung einverstanden erklärt.[6]

 

Rz. 28

Im Übrigen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit [7] besonders zu beachten, der ggf. eine weniger einschneidende Maßnahme, wie z. B. die Unbrauchbarmachung, gebieten kann. Einzelheiten regelt § 74f StGB.[8]

[1] S. aber Rz. 34 wegen der Sonderregelung des § 394 AO.
[2] BGH v. 29.6.2011, 1 StR 136/11, wistra 2011, 423; Krumm, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 375 AO Rz. 23.
[3] Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 74 Rz. 22; Bülte, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 375 AO Rz. 9, 65.
[5] Ausf. dazu Ebner, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 375 AO Rz. 26. Kritisch Bach, in Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 375 AO Rz. 19f.
[6] LG Essen v. 2.6.2006, 23 Qs 74/06, AGS 2006, 501.
[7] Ausf. Bach, in Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsamibikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 375 AO Rz. 31f.
[8] Bittmann, NStZ 2019, 383, 397 m.  w.  N.

3.4.3 Opportunität des Einziehungsverfahrens

 

Rz. 29

Einen besonderen Grund für das Absehen von der Durchführung des Einziehungsverfahrens regelt § 421 Abs. 1 StPO. Hiernach kann das Strafgericht (s. Rz. 30) mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn das Erlangte nur geringen Wert hat[1] und diese neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fallen würde[2] oder das Einziehungsverfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde bzw. die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.[3]

Im vorbereitenden Verfahren[4] kann die Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen. Soweit die Finanzbehörde das Steuerstrafverfahren selbstständig führt[5] und die Rechte der Staatsanwaltschaft ausübt[6], steht ihr die Entscheidung nach § 421 Abs. 3 StPO zu.

3.4.4 Subjektives bzw. unselbstständiges Verfahren

 

Rz. 30

Ist gegen den oder die Tatbeteiligten ein Hauptverfahren anhängig, so wird durch das Gericht im Urteil zugleich über die Einziehung entschieden (s. aber Rz. 26a, 27, 29). Das Einziehungsverfahren ist insoweit ein unselbstständiges Nebenverfahren, das mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft beginnt.[1]

 

Rz. 31

Sind der oder die Tatbeteiligten nicht Alleineigentümer des einzuziehenden Gegenstands, so werden die betroffenen Eigentümer als Einziehungsbeteiligte zum vorbereitenden Verfahren und zum Hauptverfahren hinzugezogen.[2] Die Einziehungsbeteiligten können als Verfahrensnebenbeteiligte in der Hauptverhandlung ihre Rechte geltend machen.[3] Sie haben die gleiche Rechtsstellung wie Angeklagte und können dementsprechend gegen die Einziehungsentscheidung Re...

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