4.1 Versuchsbeginn (Abgrenzung zwischen strafloser Vorbereitungshandlung und unmittelbarem Ansetzen zum Versuch)

 

Rz. 35

Der Versuch der Steuerhehlerei ist gem. § 374 Abs. 3 AO strafbar. Bei den steuerlichen Einfuhrdelikten gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung strafloser Vorbereitungshandlungen vom strafbaren Versuch.[1] Die Tat versucht damit derjenige, der nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt.[2] Im Einzelnen:

 

Rz. 36

Schon der Eintritt in Verkaufsverhandlungen kann ein unmittelbares Ansetzen zur Steuerhehlerei in Gestalt des "sich Verschaffens" bzw. des "Ankaufens" sein, allerdings nur dann, wenn sich die Übergabe sofort nach Einigung über den Kaufpreis anschließen kann.[3]

 

Rz. 37

Ein unmittelbares Ansetzen zum "Absetzen" ist gegeben, wenn konkrete Absatzbemühungen vorgenommen werden[4], z. B. ist bei dem Eintritt in Kaufverhandlungen ein unmittelbares Ansetzen zum Absetzen nur dann gegeben, wenn sich die Übergabe der Waren oder Erzeugnisse sofort anschließen kann und soll, sobald eine Einigung über den Kaufpreis zustande gekommen ist und die Verhandlung so der Verschaffung der Verfügungsgewalt unmittelbar vorgelagert ist. Wenn aber bei z. B. telefonischen Vertragsverhandlungen die Ware nicht unmittelbar an den Käufer übergeben werden kann, scheidet eine unmittelbare Einleitung eines Übertragungsakts jedenfalls so lange aus, wie noch keine Einigung über Ort und Zeit der Lieferung erfolgt ist.[5]

 

Rz. 38

Für die Abgrenzung zwischen einer – straflosen – Hilfe bei der bloßen Vorbereitung eines Absatzes und einer – als Hehlerei strafbaren – versuchten oder vollendeten Absatzhilfe kommt es darauf an, ob die Hilfeleistung im Vorfeld eines im Einzelnen noch nicht absehbaren und auch noch nicht konkret geplanten Absatzes erfolgt oder sich in einen bereits festgelegten Absatzplan fördernd einfügt und aus der Sicht des Vortäters den Beginn des Absatzvorgangs darstellt.[6]

Für die Beurteilung des Versuchsbeginns bei der Hehlerei in der Variante der "Absatzhilfe" ist auf das unmittelbare Ansetzen des Absatzhelfers abzustellen.[7] Z. B. ist eine strafbare Absatzhilfe anzunehmen, wenn der Steuerhehler den Transport zum vorgesehenen Umsatzort zusagt oder er die Beute in Verkaufskommission übernimmt oder sie zur Durchführung eines bereits bestehenden Absatzplans einlagert.[8]

 

Rz. 39

Auch der untaugliche Versuch der Steuerhehlerei ist strafbar[9], z. B., wenn es entgegen der Vorstellung des Täters an einer geeigneten Vortat fehlt[10] oder die Vortat letztlich nicht nachweisbar ist.[11]

[1] Ausführlich dazu: Harms/Jäger, NStZ 2004, 191, 195f.; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 63.
[2] Näher die Kommentierungen zu § 22 StGB.
[3] BGH v. 7.11.2007, 5StR 371/07, wistra 2008, 105 mit Anm. von Kretschmer, NStZ 2008, 379, und Weidemann, wistra 2009, 174; Weidemann, wistra 2012, 49, 55 m. w. N.; Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 42.
[4] BGH v. 30.8.2007, 3 StR 200/07, wistra 2007, 460; Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 43.
[5] BGH v. 7.11.2007, 5 StR 371/07, wistra 2008, 105 mit Anm. von Kretschmer, NStZ 2008, 379, und Weidemann, wistra 2009, 174.
[6] BGH v. 30.8.2007, 3 StR 200/07, wistra 2007, 460 m. w. N.; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 43, 65.
[9] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 40.
[10] Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 62.
[11] BGH v. 8.6.1993, 5 StR 151/93, wistra 1993, 264.

4.2 Zeitpunkt der Vollendung

 

Rz. 40

Vollendet ist die Tat, wenn der Täter sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 374 AO erfüllt hat. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter die auf seine Weisung an einen Übergabeort gelieferten Zigaretten auch tatsächlich übernimmt.[1]

4.3 Zeitpunkt der Beendigung

 

Rz. 41

Beendigung der Steuerhehlerei nach § 374 AO ist dann gegeben, wenn die Erzeugnisse und Waren sicher in die Hand des Erwerbers gekommen sind.[1]

[1] Ebner, in MüKoStGB, 3. Aufl. 2019, § 374 AO Rz. 57.

4.4 Rücktritt und Selbstanzeige

 

Rz. 42

Wurde die Tat lediglich versucht, so gelten die allgemeinen Rücktrittsregeln des § 24 StGB. Demnach wird insbes. nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder die weitere Ausführung verhindert bzw. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern, wenn die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet wird. § 371 AO (Selbstanzeige) ist auf § 374 AO hingegen nicht anwendbar, denn der Wortlaut des § 371 Abs. 1 AO bezieht sich ausschließlich auf die Fälle des § 370 AO. Lässt sich nicht sicher feststellen, ob der Täter Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat, ist zu seinen Gunsten § 370 AO anzunehmen.[1]

[1] Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 67; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steu...

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