Rz. 117b

Die Finanzbehörde hat – ebenso wie die Strafverfolgungsorgane – keine rechtliche Möglichkeit, auf die Vollständigkeit der Selbstanzeige zu verzichten. Ob eine Selbstanzeige vollständig ist, richtet sich allein nach dem Wortlaut der Norm und ist selbstständig vom zuständigen Tatrichter zu entscheiden.

 
Praxis-Beispiel

Aufgrund der hohen Anforderungen an die Vollständigkeit einer Selbstanzeige und die damit verbundenen Probleme für den Stpfl. erklärt sich der Vorsteher des zuständigen Veranlagungsfinanzamts damit einverstanden, dass nicht die Steuererklärungen der Vorjahre berichtigt werden, sondern statt dessen die Nachversteuerung im laufenden Steuerjahr erfolgt.

Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass aufgrund des Verzichts des geschädigten Steuerfiskus ein wirksamer Verzicht auf die für die Vollständigkeit erforderlichen Angaben vorliegt und folglich die Selbstanzeige wirksam ist. Vielmehr ist – unabhängig von der Wertung des Finanzamtsvorstehers – zu klären, ob die Selbstanzeige vollständig ist. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall.[1]

[1] BGH v. 20.7.1965, 1 StR 95/65, BB 1966, 107; Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 59. Lfg. 11/2017, § 371 AO Rz. 263.

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