Rz. 58

Die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung des Erstattungsberechtigten (vgl. Rz. 46) gelten auch in Gesamtschuldverhältnissen. Erstattungsberechtigt ist daher der Gesamtschuldner, für dessen Rechnung die zu erstattende Zahlung nach dem für die Finanzbehörde erkennbaren Willen des Leistenden bewirkt wurde. Da regelmäßig jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet[1], kann im Zweifel davon ausgegangen werden, dass jeder nur seine eigene Schuld tilgt. Daraus folgt, dass in der Regel nur derjenige Gesamtschuldner erstattungsberechtigt ist, der die Zahlung geleistet hat oder für dessen Rechnung die Zahlung von einem Dritten bewirkt worden ist.[2] Hat dagegen der Gesamtschuldner (oder ein Dritter) nach seinem erkennbar gewordenen Willen für Rechnung aller Gesamtschuldner gezahlt, so sind die Gesamtschuldner nach Köpfen erstattungsberechtigt.[3]

 

Rz. 59

Haben mehrere Gesamtschuldner gezahlt, ist für die Erstattungsberechtigung danach zu unterscheiden, ob von vornherein ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde oder ob dieser später weggefallen ist. Haben mehrere Gesamtschuldner insgesamt mehr gezahlt als im Zeitpunkt der Zahlung geschuldet war, ist der die Schuld übersteigende Betrag demjenigen zu erstatten, der zuletzt gezahlt und damit ganz oder teilweise auf eine infolge Tilgung nicht mehr bestehende Schuld geleistet hat.[4] Kommt es aufgrund einer nachträglich geänderten Steuerfestsetzung zu einem (teilweisen) Erstattungsanspruch, ist für die Höhe des Erstattungsanspruchs des einzelnen Gesamtschuldners maßgebend, inwieweit die geänderte Steuerfestsetzung Zahlungen betrifft, die auf seine Rechnung erbracht worden sind. Damit ist für die Höhe des dem einzelnen Gesamtschuldner zustehenden Erstattungsanspruchs maßgeblich, in welchem Verhältnis die Zahlungen auf seine Rechnung zu den Zahlungen auf Rechnung der übrigen Gesamtschuldner stehen.[5]

Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zwischen Steuerschuldner und Haftungsschuldner.[6] Anders verhält es sich allerdings, wenn die Haftung auf der Verletzung der Pflicht beruht, eine Steuer für Rechnung eines anderen einzubehalten und abzuführen.[7] In diesem Fall ist grundsätzlich nicht der in Haftung genommene Entrichtungspflichtige, sondern der Steuerschuldner erstattungsberechtigt (vgl. Rz. 52ff.).

Rz. 60–61 einstweilen frei

[2] BFH v. 4.4.1995, VII R 82/04, BStBl II 1995, 492; BFH v. 18.2.1997, VII R 117/95, BFH/NV 1997, 482; ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 37 AO Rz. 69; Schlücke, in Gosch, AO/FGO, § 37 AO Rz. 146; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 37 Rz. 29; zweifelnd Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 37 Rz. 68.
[3] BFH v. 23.9.1964, I 362/62, HFR 1965, 111; BFH v. 7.10.1970, I R 145/68, BStBl II 1971, 119; BFH v. 25.7.1989, VII R 118/87, BStBl II 1990, 41; die zuweilen für eine abweichende Beurteilung zitierte Entscheidung des BFH v. 3.6.1976, III R 40/75, BStBl II 1976 605, wonach bei einer einheitlichen Zahlung mehrere Abgabeschuldner in dem Verhältnis erstattungsberechtigt sind, wie sie vorher zur Zahlung verpflichtet waren, betrifft keine Gesamtschuld i. S. v. § 44 AO.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 37 AO Rz. 78; Schlücke, in Gosch, AO/FGO, § 37 AO Rz. 148; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 37 Rz. 29.
[5] BFH v. 25.6.2014, VII B 210/13, BFH/NV 2014, 714; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 37 AO Rz. 75.
[6] Vgl. zu dem insoweit bestehenden Gesamtschuldverhältnis Horn, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO § 44 AO Rz. 9.
[7] Vgl. z. B. für die Lohnsteuer § 42d Abs. 1 EStG, für die Kapitalertragsteuer § 44 Abs. 5 EStG und für den Steuerabzug von den Einkünften beschränkt Stpfl. § 50a Abs. 5 S. 4 EStG.

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