5.1 Allgemeines

 

Rz. 181

Aufgrund ihres Sachzusammenhangs mit Steuern wird durch § 369 Abs. 1 Nr. 3 AO auch die in §§ 148ff. StGB geregelte Wertzeichenfälschung einschließlich ihres Versuchs gem. § 148 Abs. 3 StGB sowie ihrer strafbaren Vorbereitung gem. § 149 StGB als Steuerstraftat (vgl. Rz. 1ff., 10) qualifiziert, soweit die Tat Steuerzeichen betrifft.

§§ 148ff. StGB schützen (auch) das Allgemeininteresse an der Sicherheit des Verkehrs mit amtlichen Wertzeichen[1], für den steuerlichen Bereich also die Sicherheit des Verkehrs mit Steuerzeichen und damit mittelbar das Aufkommen derjenigen Steuern, die durch die Verwendung und Entwertung von Steuerzeichen entrichtet werden. § 148 StGB kommt zurzeit nur noch für den Bereich der Tabaksteuer rechtliche Bedeutung zu, die gem. § 17 Abs. 1 TabakStG durch die Verwendung von Tabaksteuerbanderolen entrichtet wird.

[1] BGH v. 10.5.1983, 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380f.

5.2 Tatbestand

 

Rz. 182

Der Tatbestand des § 148 StGB weist gewisse Ähnlichkeiten zum Tatbestand der Geldfälschung, § 146 StGB, auf.

5.2.1 Objektiver Tatbestand

5.2.1.1 Fälschen von Steuerzeichen (§ 148 Abs. 1 Nr. 1 StGB)

 

Rz. 183

Steuerzeichen sind amtliche Wertzeichen, die öffentlichen Glauben genießen, durch deren Verwendung einzelne Steuern zu entrichten sind und die auf Kleinverkaufspackungen von Tabakwaren zum Beweis dafür dienen, dass die Steuer bezahlt wurde. Steuerzeichen werden von der zuständigen Finanzbehörde gegen Entrichtung des auf ihnen vermerkten Werts abgegeben, wobei ihre Verwendung an die Stelle der Steuerfestsetzung tritt.

Es handelt sich bei den Steuerzeichen folglich um einen Unterfall der von §§ 148ff. StGB erfassten Wertzeichen.

 

Rz. 184

Umstritten ist, ob sich der Schutz des § 148 i. V. m. § 369 Abs. 1 Nr. 3 AO auch auf (alle) Steuerzeichen nach ausländischem Recht bezieht.[1] Dies wird teilweise daraus gefolgert, dass sich § 152 StGB auch auf ausländische Wert- und damit auch auf Steuerzeichen bezieht. Dieser Ansicht dürfte jedoch nicht uneingeschränkt zu folgen sein, da weder § 370 AO noch § 263 StGB ausländische Steueransprüche uneingeschränkt schützen. Diesen Schutz quasi durch die Hintertür einzuführen, erscheint vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber in § 369 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht zu erkennen gibt, dass in diesem Kontext auch § 152 StGB anwendbar sein soll, als zu weitgehend. Es dürfte vielmehr zutreffend sein, allein diejenigen ausländischen Steuerzeichen zu erfassen, die für solche Steuern verwendet werden, die durch die §§ 370ff. AO geschützt werden.[2]

 

Rz. 185

Sowohl beim Nachmachen als auch beim Verfälschen handelt es sich um Formen des Fälschens, bei denen jeweils ein Irrtum über den Ausgeber der Zeichen hervorgerufen wird. In beiden Fällen wird der Anschein erweckt, dass das ge- oder verfälschte Steuerzeichen von der befugten Finanzbehörde hergestellt und gegen das darauf vermerkte Entgelt ausgegeben wurde.

Fehlt dem Täter, der ein Steuerzeichen herstellt, die Befugnis dazu, handelt es sich um einen Fall des Nachmachens. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob z. B. echtes Papier benutzt wird oder es sich um einen Fall des sog. "Schnippelns" (Zusammensetzen eines Steuerzeichens aus Bruchstücken bereits verwendeter Zeichen) handelt. Das Ergebnis der Herstellung mit beliebigen Mitteln aus beliebigem Material ist jeweils ein falsches Steuerzeichen, das einem echten so ähnelt, dass es verwechselt werden kann. An die Ähnlichkeit sind jedoch keine hohen Anforderungen zu stellen.

 

Rz. 186

Verfälscht ist ein echtes Steuerzeichen, wenn die Wertangabe nachträglich dergestalt in eine andere verändert wird, dass der Eindruck entsteht, es habe sie von Anfang an getragen.[3] Aufgrund des letzten Halbsatzes erfasst § 148 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur Verfälschungen, die den Eindruck eines höheren Werts hervorrufen.

Auf welchem Weg die Verfälschung bewirkt wird (z. B. Überkleben, Überschreiben) ist gleichgültig. Wird hingegen keine neue Wertangabe angebracht, sondern lediglich z. B. die Wertbezeichnung unkenntlich gemacht, so handelt es sich um eine tatbestandslose Beschädigung eines Steuerzeichens.

[1] Bejahend BGH v. 24.8.1983, 3 StR 136/83, BGHSt 32, 68, 76ff.; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 69. Lfg. 11/2020, § 369 AO Rz. 38.
[2] Ebenso Gaede, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 369 AO Rz. 15; vgl. auch Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 369 AO Rz. 177.
[3] RG v. 12.11.1923, 3 D 886/23, RGSt 57, 414.

5.2.1.2 Weitere Tathandlungen (§ 148 Abs. 1 Nr. 2, 3 StGB)

 

Rz. 187

Auch das Sichverschaffen falscher (d. h. nachgemachter oder verfälschter) Steuerzeichen ist tatbestandsmäßig. Sich verschaffen bedeutet, falsche Steuerzeichen bewusst zur eigenen Verfügung in seinen Besitz oder seine Verfügungsgewalt zu bringen.[1] Ob dies z. B. durch Übergabe, Unterschlagung, Fund oder Wegnahme geschieht, ist ohne Bedeutung. Der Erwerber muss jedoch zumindest bedingten Vorsatz bzgl. der Falschheit der Steuerzeichen haben.[2] Ein mehrfaches Sichverschaffen desselben nachgemachten oder verfälschten Steuerzeichens ist möglich.[3]

 

Rz. 188

Falsche amtliche Wertzeichen werden als echt verwendet, wenn sie zur Täuschung über die Entrichtung der Steuersc...

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