Rz. 115

Ein Wahndelikt ist der "umgekehrte Verbotsirrtum", der vorliegt, wenn der Tatbeteiligte irrtümlich sein Verhalten (z. B. die Nichtzahlung der Steuer) für strafbar hält.[1] Ebenso handelt es sich bei dem "umgekehrten Subsumtionsirrtum" um ein Wahndelikt, bei dem sich der Täter über eine für ihn ungünstige Auslegung eines Tatbestandsmerkmals irrt. Der Täter hat also die tatsächlichen Umstände zutreffend erfasst, geht jedoch von einer (zu seinen Lasten) unzutreffenden rechtlichen Wertung aus. Ein Wahndelikt ist straffrei.

Irrt der Tatbeteiligte hingegen über die steuerrechtliche Rechtslage, hält er also z. B. irrtümlich bestimmte materiell steuerfreie Einkünfte für steuerpflichtig (es handelt sich um einen sog. umgekehrten Tatbestandsirrtum, vgl. Rz. 110), so begeht er einen strafbaren untauglichen Versuch der Steuerhinterziehung, wenn er die Einkünfte nicht erklärt.[2] Gleiches gilt bei Annahme einer nicht bestehenden gesetzlichen Handlungspflicht.[3]

[1] Reiß, wistra 1986, 193; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 69. Lfg. 11/2020, § 370 AO Rz. 682; vgl. auch Rz. 76 und 80.
[2] BGH v. 17.10.1996, 4 StR 389/96, wistra 1997, 62; Peters, in HHSp, AO/FGO, 260. Lfg. 10/2020, § 370 AO Rz. 490 m. w. N.; a. A. OLG Düsseldorf v. 26.8.1988, 3 Ws 512/88, wistra 1989, 73; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 69. Lfg. 11/2020, § 370 AO Rz. 684.
[3] KG Berlin v. 9.9.1981, 1 Ss 277/80-1/81, NStZ 1982, 73.

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