Rz. 16

Ein Straftatbestand enthält einmal eine Beschreibung eines äußerlich wahrnehmbaren Geschehens, also einen objektiven Tatbestand. Diese Beschreibung kann durch deskriptive Merkmale erfolgen, die auf einer sinnlichen Wahrnehmung beruhen.[1] Der Tatbestand kann aber auch sog. normative Merkmale enthalten, die erst aufgrund einer rechtlichen Wertung Inhalt erlangen.[2] Die Unterscheidung zwischen objektiven und deskriptiven Merkmalen ist teilweise fließend und hat vor allem Bedeutung für das Verständnis verschiedener Irrtumsfragen (vgl. Rz. 105ff.). Aufgrund solcher äußeren Merkmale bestimmt der objektive Tatbestand:

 

Rz. 17

  • den Täterkreis (= Tatsubjekt), "wer" – § 370 Abs. 1 S. 1 AO – tauglicher Täter sein kann. Bei Allgemeindelikten, die i. d. R. das unbestimmte Wort "wer" enthalten, kommt jedermann als Täter in Frage.
  • die Tatsituation, besondere Begebenheiten bei der Tathandlung.[3]
  • das Tatobjekt.[4]
  • die Tathandlung, d. h., welches (strafbare) Verhalten das Unwerturteil begründet.[5]
 

Rz. 18

  • im Fall von sog. Erfolgsdelikten auch den Taterfolg, d. h. ein kausal auf die Tathandlung zurückzuführendes schädigendes Ergebnis, soweit der Straftatbestand dieses vorsieht.[6] Im Fall von sog. (schlichten) Tätigkeitsdelikten ist hingegen keine Beziehung zwischen Handlung und Erfolg erforderlich. Der Tatbestand ist jeweils mit dem Vollzug einer bestimmten tatbestandsmäßigen Handlung unabhängig von einer eventuellen Außenwirkung vollendet.[7]
 

Rz. 19

Bestandteil des gesetzlichen Straftatbestands ist auch der sog. subjektive Tatbestand, der sich auf die innere Haltung, Einstellung und Gedankenwelt des Täters bezieht. Dabei handelt es sich bei Vorsatzdelikten wie z. B. §§ 370, 372-374 AO zunächst um den Vorsatz als Bestandteil des Tatunrechts.[8] Darüber hinaus enthalten auch zahlreiche Vorsatzdelikte "besondere" subjektive Tatbestandsmerkmale, die auch das Unrecht der Tat prägen, aber im Gegensatz zum Vorsatz keinen Bezugspunkt im objektiven Tatbestand haben. Dazu gehören z. B. Tatmotive und Tatabsichten.[9]

[1] Z. B. Gegenstände – § 372 Abs. 1 AO, Erzeugnisse oder Waren – § 374 Abs. 1 AO.
[2] Z. B. Amtsträger – § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO.
[3] Bestimmte Begehungsweise, z. B. Ausnutzung der Mithilfe eines Amtsträgers – § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO; bestimmte Tatmittel, z. B. Mitsichführen einer Schusswaffe – § 373 Abs. 2 Nr. 1 AO.
[4] Z.  B. Steuern – § 370 Abs. 1 AO; Erzeugnisse und Waren – § 374 Abs. 1 AO.
[5] Z. B. unrichtige oder unvollständige Angaben machen – § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.
[6] Z. B. Eintritt der Steuerverkürzung – § 370 Abs. 1 AO.
[7] Zu den diesbezüglichen Auswirkungen des Kompensationsverbots vgl. Webel/Dumke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 370 AO Rz. 8.
[8] Vgl. § 15 StGB.
[9] Vgl. z. B. grober Eigennutz – § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO a. F.; Bereicherungsabsicht – § 374 Abs. 1 AO.

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