Rz. 39

Nach § 362 Abs. 1 S. 2 AO gilt § 357 Abs. 1 AO sinngemäß, sodass an die Form der Einspruchsrücknahme die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Einlegung des Einspruchs.[1] Die Rücknahmeerklärung ist danach "schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären". Die Form, in der der Einspruch eingelegt wurde, ist für die Form der Rücknahme nicht maßgeblich.

Das Formerfordernis soll dem Schutz des Stpfl. vor einer übereilten Rücknahme dienen.[2]

 

Rz. 40

Schriftlich bedeutet – wie bei der Einspruchseinlegung – lediglich, dass die Rücknahme in einem Schriftstück verkörpert ist und in dieser Form der zuständigen Einlegungsbehörde gegenüber bekannt gemacht wird. Einer Unterschrift des Stpfl. bedarf es auch bei der Rücknahme des Einspruchs nicht.[3] Nach § 357 Abs. 1 S. 2 AO genügt es vielmehr, dass aus dem Schriftstück hervorgeht, wer die Erklärung abgegeben hat. Für die Schriftform ist es daher ausreichend, dass sich aus dem Schriftstück allein oder i. V. m. etwaigen Anlagen hinreichend sicher die Urheberschaft und der Wille, das Schriftstück in den Rechtsverkehr zu bringen, entnehmen lassen.[4]

 

Rz. 41

Die Rücknahmeerklärung kann dabei für mehrere Einspruchsführer oder Einsprüche in einem Schriftstück erklärt werden. Sie kann auch – anders als nach § 354 Abs. 2 S. 1 AO der Einspruchsverzicht – mit anderen Ausführungen und Erklärungen verbunden werden.[5] Dementsprechend kann die Rücknahme des Einspruchs auch Bestandteil einer als "Vergleich" bezeichneten Vereinbarung mit der Finanzbehörde sein.[6]

 

Rz. 42

Die Übersendung einer Fotokopie der Rücknahmeerklärung erfüllt die Schriftform. Diese kann auch per Telefax (Fernkopie), Computerfax oder durch sonstiges Telekommunikationsmittel erfolgen.[7]

 

Rz. 43

Die Schriftform muss beim Zugang der Rücknahmeerklärung bei der Finanzbehörde vorliegen. Unerheblich ist die Form bei der Absendung. Irrelevant ist auch, ob bei dem Erklärenden ein Schriftstück oder eine Kopie verbleibt, was jedoch aus Beweisgründen empfehlenswert ist.

 

Rz. 44

Die Rücknahmeerklärung kann "schriftlich oder elektronisch" erfolgen, ist also z. B. auch durch einfache Email möglich, ohne dass eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist.[8] Voraussetzung hierfür ist nach § 87a Abs. 1 S. 1 AO jedoch, dass die Finanzbehörde, z. B. durch Nennung ihrer Email- oder Internetadresse, den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat.

 

Rz. 45

Die Rücknahme des Einspruchs kann nach § 357 Abs. 1 S. 1 AO auch bei der Finanzbehörde zur Niederschrift erklärt werden. Die Erklärung hat dabei persönlich durch den Einspruchsführer oder durch dessen Vertreter mündlich an Amtsstelle zu erfolgen. Die telefonische Rücknahmeerklärung reicht nicht aus, selbst wenn sie zur Niederschrift erfolgen soll.[9]

 

Rz. 46

Die Rücknahme des Einspruchs ist nach (§ 365 Abs. 1 AO i. V. m.) § 87 Abs. 1 AO grds. in deutscher Sprache abzufassen. Die Finanzbehörde kann nach § 87 Abs. 2 AO allerdings auch eine Erklärung in einer fremden Sprache akzeptieren.

 

Rz. 47

Die durch den Verweis des § 362 Abs. 1 S. 2 AO auf § 357 Abs. 1 AO geforderte Form ist m. E. auch dann erforderlich, wenn der Stpfl. nach dem Erlass eines Teilabhilfebescheids eine "Erledigungserklärung" abgibt.

Anders als bei einer vollumfänglichen Abhilfe durch einen Vollabhilfebescheid wird das Einspruchsverfahren durch den Erlass eines nur teilweise dem Einspruchsbegehren des Stpfl. abhelfenden Verwaltungsakts nicht beendet, der Teilabhilfebescheid wird vielmehr nach § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens, das weiterhin anhängig bleibt (s. Rz. 7). Der Stpfl. soll das fortdauernde Einspruchsverfahren – wie ein Klageverfahren – dadurch beenden können, dass er erklärt, sein Einspruch habe sich durch den Erlass des Teilabhilfebescheids erledigt. Diese Erklärung soll nach der Auffassung des BFH formfrei erfolgen können.[10] Für eine solche Formfreiheit besteht jedoch keine gesetzliche Grundlage. Die als "Erledigungserklärung" bezeichnete Erklärung des Stpfl. ist im Einspruchsverfahren – anders als im finanzgerichtlichen Klageverfahren– nichts anderes als die Rücknahme des nach § 365 Abs. 3 AO gegen den Teilabhilfebescheid fortgeführten Einspruchs.[11] Dementsprechend sind auch die hierfür gesetzlich vorgesehenen Formerfordernisse einzuhalten.

Gleiches gilt, wenn die "Erledigungserklärung" für den Fall einer bestimmten Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts durch die Finanzbehörde abgegeben wird. Es handelt sich um eine ausnahmsweise zulässige "unecht" bedingte Einspruchsrücknahme (s. bereits Rz. 16).

[2] BT-Drs. VI/1982, S. 191.
[3] S. dazu Keß, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 357 AO Rz. 5; Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 362 Rz. 21; Birkenfeld, in HHSp, AO/FGO, § 362 AO Rz. 56.
[4] BVerwG v. 26.5.1978, 4 C 11/78, NJW 1979, 120, zu § 70 VwGO.
[5] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 362 Rz. 9.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge