2.1 Einmonatige Einspruchsfrist

 

Rz. 7

§ 355 AO trifft eine Grundsatzregelung für die Einspruchsfrist gegen erlassene Verwaltungsakte . Sie beträgt grundsätzlich einen Monat und gilt für:

  • Verwaltungsakte, die nicht in Schriftform oder elektronischer Form, also mündlich oder in anderer Weise durch konkludentes Verhalten, erlassen worden sind[1];
  • schriftliche oder elektronische Verwaltungsakte, die mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrungi. S. d.. § 356 AO versehen sind.
 

Rz. 8

Maßgeblich für die einmonatige Einspruchsfrist ist also zunächst allein die von der Finanzbehörde tatsächlich gewählte Form des Verwaltungsakts, nicht welche Form das Gesetz vorschreibt.[2] Ein Verwaltungsakt ergeht schriftlich, wenn die Finanzbehörde ihren auf die Regelung eines Einzelfalls gerichteten Willen gegenüber dem Beteiligten erstmals durch ein Schriftstück zum Ausdruck bringt.[3] Entscheidend ist die Schriftform, auch wenn sich der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts aus dem Schriftstück nur konkludent ergibt.[4]

 

Rz. 9

Die Sachpfändung durch den Vollziehungsbeamten[5] ist kein schriftlicher Verwaltungsakt, auch wenn hierüber nach § 291 AO eine Niederschrift zu fertigen ist.[6]

 

Rz. 9a

Die Steueranmeldung, deren Eingang bei der Finanzbehörde gem. § 167 S. 1 AO eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung[7] bewirkt, ist kein schriftlicher Verwaltungsakt i. d. S., sodass die Einspruchsfrist stets einen Monat beträgt.[8]

Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt die grundsätzliche Regelung nicht, sondern die Festsetzungswirkung tritt nach § 168 Satz 2 AO erst mit der Zustimmungserklärung ein. Diese Zustimmungserklärung zur Steueranmeldung ist ein Verwaltungsakt.[9]  Die einmonatige Einspruchsfrist gilt also stets, wenn die Zustimmung nicht schriftlich erteilt ist , oder im Fall der Schriftform, wenn sie mit einer nach § 356 AO ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden ist.[10]

2.2 Einjährige Einspruchsfrist bei schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakten

 

Rz. 10

Bei schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakten ist als Ausnahme zu § 355 Abs. 1 AO nach § 356 Abs. 1 AO die Dauer der Einspruchsfrist von dem Vorhandensein und dem Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung abhängig. Nur wenn dem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt eine ordnungsmäßige Rechtsbehelfsbelehrung[1] beigefügt ist, beträgt die Dauer der Einspruchsfrist gem. § 355 Abs. 1 AO einen Monat . Ist dagegen dem schriftlichen Verwaltungsakt keine oder eine inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, so bewirkt dies nach § 356 Abs. 2 S. 1 AO grundsätzlich eine Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr.

2.3 Sonderregelung nach § 18a EGAO

 

Rz. 11

Besondere Einspruchsfristen gelten abweichend von §§ 355, 356 AO gem. § 18a EGAO für die Erledigung von Massenrechtsbehelfen.

2.4 Verlängerung der gesetzlichen Einspruchsfrist

2.4.1 Grundsatz

 

Rz. 12

Die Einspruchsfrist ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, die gem. § 109 Abs. 1 AOdurch eine Fristenregelung der Finanzbehörde nicht verlängerbar ist. Der Eintritt der Bestandskraft steht nicht zur Disposition der Finanzbehörde.

Eine Verlängerung der Einspruchsfrist ergibt sich auch nicht aufgrund von EU-Bestimmungen oder EuGH-Entscheidungen.[1]

2.4.2 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Rz. 13

In den Fällen der einmonatigen Einspruchsfrist (s. Rz. 8), also bei formfreien Verwaltungsakten oder bei schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakten mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung (s. Rz. 8, 10), verlängert sich die Einspruchsfrist, wenn der Einspruchsführer ohne Verschulden verhindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten. In diesem Fall ist ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO zu gewähren.[1]

 

Rz. 13a

Ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erfolgen hat, ist grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen. Zumindest hat die Finanzbehörde den Beteiligten auf diese Möglichkeit von Amts wegen hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, Wiedereinsetzungsgründe vorzutragen. Das Unterlassen eines solchen Hinweises stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der im Klageverfahren zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung führt.[2]

 

Rz. 13b

Die Wiedereinsetzung wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung und die Einspruchseinlegung müssen dann nach § 110 Abs. 2 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses erfolgen. Innerhalb dieser Frist ist der Antrag zu begründen, d. h., es ist darzustellen, weshalb die Frist versäumt wur...

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