Rz. 42

§ 850h ZPO normiert, wie in Fällen der Lohnschiebung und Lohnverschleierung zu verfahren ist. Beiden Fällen ist gemein, dass verhindert werden soll, dass durch die Gestaltung von Arbeitsverträgen die Vergütung der Pfändung des Gläubigers entzogen werden soll.[1] Trotz des unklaren Wortlauts des § 319 AO, wonach nur die Beschränkungen und Verbote der §§ 850852 ZPO anzuwenden sind, findet § 850h ZPO auch im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung Anwendung. Denn § 850h ZPO erhöht nicht den pfändbaren Anteil des Arbeitseinkommens, sondern garantiert nur die vollständige Berücksichtigung des gesamten Arbeitseinkommens.[2]

[1] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 319 AO Rz. 80.
[2] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 319 AO Rz. 80.

2.9.1 Lohnschiebung (§ 850h Abs. 1 ZPO)

 

Rz. 43

Bei einer sog. Lohnschiebung verpflichtet sich der Arbeitgeber, einen Teil des dem Schuldner zustehenden Lohns an einen Dritten auszuzahlen. Bei einem nach der damaligen Pfändungsfreigrenze sog. 1.500 DM-Vertrag verpflichtet sich der Arbeitgeber typischerweise, dasjenige Arbeitsentgelt, das über der Pfändungsfreigrenze liegt, an den Ehegatten oder die Kinder des Schuldners auszuzahlen, um es so der Pfändung des Gläubigers zu entziehen. Es muss insoweit lediglich der objektive Tatbestand vorliegen. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht notwendig.[1] § 850h Abs. 1 ZPO setzt keine fortlaufende Entgeltzahlung voraus, sodass z. B. auch Einmalzahlungen auf der Grundlage eines Werkvertrags erfasst sind.[2] Für den Fall einer Lohnschiebung regelt § 850h Abs. 1 ZPO, dass dieses Entgelt an den Dritten aufgrund der Pfändung gegenüber dem Schuldner selbst ebenfalls gepfändet ist, dass also die Pfändung des Anspruchs des Schuldners gegen den Arbeitgeber gleichzeitig die Pfändung des Anspruchs des Dritten gegen den Arbeitgeber mit umfasst. Die Pfändungsverfügung der Vollstreckungsbehörde ist dem Dritten lediglich zuzustellen.

[1] Flockenhaus, in Musielak/Voit, 20. Aufl. 2023, § 850h ZPO Rz. 2ff.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 850h ZPO Rz. 2.

2.9.2 Lohnverschleierung (§ 850h Abs. 2 ZPO)

 

Rz. 44

Bei einer Lohnverschleierung gem. § 850h Abs. 2 ZPO leistet der Schuldner für einen Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die üblicherweise vergütet werden, erhält jedoch keine oder eine auffallend niedrige Vergütung hierfür.[1] Typische Fälle sind diejenigen, in denen ein Ehegatte im Betrieb des anderen Ehegatten oder Kinder im Betrieb der Eltern arbeiten, ohne hierfür (angemessen) entlohnt zu werden, gleichzeitig aber Kost, Logis und Taschengeld erhalten. Eine Absicht der Lohnverschleierung ist nicht notwendig für die Anwendung des § 850h Abs. 2 ZPO.[2] Allerdings sind im Rahmen der Prüfung der Anwendbarkeit des § 850h Abs. 2 ZPO die Art des Arbeits- und Dienstverhältnisses, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Hieraus kann sich im Einzelfall ergeben, dass eine Entlohnung nicht üblich ist.[3] Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 850h Abs. 2 ZPO vor, so gilt aufgrund einer gesetzlichen Fiktion eine angemessene Vergütung im Verhältnis Arbeitgeber/Schuldner als geschuldet. Dieser fingierte Anspruch kann bei der Verwaltungsvollstreckung von der Vollstreckungsbehörde gepfändet werden. Hierbei hat diese lediglich die allgemeinen Vorschriften zum Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen zu beachten.[4] Rückständiger verschleierter Lohn kann hingegen nicht gepfändet werden.[5]

[1] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 319 Rz. 30ff.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 850h ZPO Rz. 3.
[3] Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 850h ZPO Rz. 12.
[4] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 319 AO Rz. 85.
[5] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 850h ZPO Rz. 9.

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