Rz. 39

§ 850f Abs. 2 ZPO bestimmt, dass dem Schuldner weniger als der nach § 850c ZPO berechnete Betrag selbst verbleiben kann, wenn wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt wird. Dies betrifft jedoch nur Forderungen aus den §§ 823ff. BGB. Steuerforderungen aus einer Steuerhinterziehung u. Ä. stellen nämlich keine unerlaubte Handlung i. S. d. Norm dar. Wegen einer solchen Forderung kommt also keine Herabsetzung des nach § 850c ZPO berechneten Anteils am Arbeitseinkommen, der dem Schuldner verbleibt, in Betracht.[1]

 

Rz. 40

Für den Fall, dass der Schuldner mehr als 4.298,81 EUR im Monat, 989,21 EUR in der Woche oder 197,67 EUR am Tag verdient, kann, falls nicht wegen einer schon nach §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO privilegierten Forderung vollstreckt wird, der pfändbare Betrag ohne die Grenzen des § 850c ZPO festgesetzt werden.[2] Dies gilt allerdings nur, wenn dem Schuldner mindestens so viel an Arbeitseinkommen verbleibt, wie ihm nach § 850c ZPO verbliebe, wenn er 4.298,81 EUR (Monat), 989,21 EUR (Woche) bzw. 197,67 EUR (Tag) verdiente. Zudem muss eine Abwägung der Interessen von Schuldner und Gläubiger vorgenommen werden, die dazu führt, dass besondere Gründe im konkreten Einzelfall für die Besserstellung des Gläubigers sprechen. Hierfür ist es keinesfalls ausreichend, dass durch die Herabsetzung des pfändungsfreien Betrags die Pfändung erst ermöglicht bzw. beschleunigt wird. In Betracht kommt eine Anwendung dieser Regelung etwa dann, wenn der Gläubiger ansonsten selbst in Not geriete oder er wegen einer Forderung vollstreckt, die einen besonders schutzwürdigen Bedarf decken soll.[3] Im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung nach der AO liegen solche Belange nur höchst ausnahmsweise vor.[4]

[1] BFH v. 24.10.1996, VII R 113/94, BStBl II 1997, 308, 310; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 319 AO Rz. 54; a. A. FG Baden-Württemberg v. 16.6.1987, I K /85, EFG 1987, 598.
[2] S. BGBl. I 2023, Nr. 79.
[3] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 850f ZPO Rz. 11.
[4] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 319 AO Rz. 76.

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