1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung war § 361 S. 2 RAO.[1] Die entsprechenden Bestimmungen für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht sind §§ 829 und 835 ZPO.[2] Auf § 835 Abs. 3 S. 2 und § 900 Abs. 1 ZPO wird in § 314 Abs. 3 AO ausdrücklich verwiesen. Der Verweis wurde mit Wirkung ab 1.12.2021 durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfändungsschutzkontos angepasst.[3] Ergänzende Ausführungen zur Pfändung und Einziehung einer Geldforderung finden sich in Abschn. 41ff. VollstrA.[4] Der Sinn und Zweck des § 314 AO besteht darin, dass das Verfahren der Einziehung als wesentlicher Bestandteil der Verwertung einer gepfändeten Forderung normiert wird. Die Vollstreckung in Forderungen erfolgt durch Pfändung.[5] Hieran schließt sich als selbstständiger Abschnitt des Vollstreckungsverfahrens die Pfandverwertung an. Die Verwertung der gepfändeten Forderung erfolgt sodann durch Einziehung[6] oder in anderer Weise.[7]

[1] Zur Historie vgl. Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 314 AO Rz. 1.
[2] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 314 Rz. 1.
[3] Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) v. 22.11.2020, BGBl I 2020, 2466; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 314 Rz. 1.
[4] BStBl I 1980, 112.

2 Einziehungsverfügung

2.1 Rechtsnatur

 

Rz. 2

Aus der Pfändung allein ergibt sich noch nicht die Befugnis der Vollstreckungsbehörde, die Forderung einziehen zu dürfen. Die Rechtsgrundlage für eine entsprechende Anordnung der Einziehung wird erst durch § 314 Abs. 1 AO geschaffen. Die Einziehungsverfügung ist dabei ein selbstständiger Verwaltungsakt im Vollstreckungsverfahren.[1] Sie entspricht dem gerichtlichen Beschluss der Überweisung der Forderung an den Gläubiger zum Zweck der Einziehung nach § 835 ZPO für das zivilprozessuale Vollstreckungsverfahren.[2] Die Einziehungsverfügung kann dabei mit der Pfändungsverfügung verbunden werden[3], dies muss aber nicht geschehen. Die Finanzverwaltung geht allerdings davon aus, dass die Verbindung regelmäßig erfolgen soll.[4] Durch die Verbindung mit der Pfändungsverfügung verliert die Einziehungsverfügung aber nicht ihre rechtliche Selbstständigkeit.[5]

[1] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 314 AO Rz. 14.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 835 ZPO Rz. 2ff.; Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 835 ZPO Rz. 2ff.
[5] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 314 AO Rz. 6; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 314 Rz. 7.

2.2 Inhalt

 

Rz. 3

Die Einziehungsverfügung muss die konkrete Aussage enthalten, dass die Einziehung der gepfändeten Forderung angeordnet ist.[1] Der allgemeine Hinweis, dass die Vollstreckungsbehörde die Forderung einziehen könne, ist unzureichend.[2] Zudem soll die Aufforderung an den Drittschuldner enthalten sein, in Höhe des geschuldeten Betrags bei Eintritt der Fälligkeit an die Finanzkasse zu zahlen.[3] Die Angabe des Betrags ist eine zulässige Durchbrechung des Steuergeheimnisses.[4] Nicht genannt werden darf hingegen der Grund, weswegen der Vollstreckungsschuldner schuldet, da diese Angabe nach § 30 AO vom Steuergeheimnis geschützt ist.

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 314 AO Rz. 4.
[2] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 314 AO Rz. 22f.

2.3 Form und Bekanntgabe

 

Rz. 4

Wie jeder Verwaltungsakt wird die Einziehungsverfügung erst mit der Bekanntgabe wirksam.[1] Soweit die Einziehungsverfügung nicht zweckmäßigerweise mit der Pfändungsverfügung verbunden ist (s. Rz. 2), hat sie in Schriftform[2] zu erfolgen. Dabei tritt erst mit der Zustellung an den Drittschuldner die Wirksamkeit ein.[3] Der Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange er nicht aufgehoben worden ist.

[1] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 314 AO Rz. 28; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO,§ 314 AO Rz. 5.
[3] § 314 Abs. 1 S. 2 AO i. V. m. § 309 Abs. 2 AO; auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 314 AO Rz. 5.

2.4 Wirkung

 

Rz. 5

Die Einziehungsverfügung berechtigt die Vollstreckungsbehörde zur Geltendmachung der gepfändeten Forderung. Sie wird aber nicht deren Inhaberin, sondern kann nur in eigenem Namen die Auszahlung der gepfändeten Forderung verlangen.[1] Durch die Einziehung verändert sich der Rechtscharakter der Forderung nicht.[2]

[1] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 835 ZPO Rz. 7; wegen der Rechtspflichten der Beteiligten im Übrigen s. Kommentierung zu § 315 AO.
[2] Ausführlich Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 314 AO Rz. 16ff.

3 Verzögerung der Einziehungswirkung

3.1 Grundlagen

 

Rz. 6

Im Geschäftsverkehr erfolgen Zahlungen überwiegend bargeldlos über Konten der Kreditinstitute. Dies gilt insbesondere auch für Gehalts- oder Lohnzahlungen. Nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO,[1] der durch die Verweisung in § 314 Abs. 3 AO auch für das Vollstreckungsrecht nach der AO gilt, darf das Kreditinstitut aus dem gepfändeten Guthaben erst 4 Wochen nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses (s. Rz. 4) leisten.[2] Diese zeitliche Verzögerung der Leistungspflicht erweiter...

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