1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 298 Abs. 1 und 2 AO hatte eine Vorgängerbestimmung in § 352 RAO, während § 298 Abs. 3 AO zu Zeiten der Geltung der RAO in § 353 AO normiert war.[1] Die entsprechende Bestimmung für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht ist § 816 ZPO, der jedoch über die Regelung in § 298 AO hinaus den Ort der Versteigerung festschreibt.[2] Zudem wird in § 816 ZPO auf die Möglichkeit der Hinzuziehung von Gemeindebediensteten verzichtet. Weitergehende Ausführungen zur Umsetzung des § 298 AO durch die Vollstreckungsbehörden finden sich in Abschn. 51ff. VollzA.[3]

 

Rz. 2

Die Norm regelt einzelne Formvorschriften, die bei der Vorbereitung und Durchführung einer Versteigerung durch die Vollstreckungsstelle zu beachten sind. Insbesondere muss zwischen der Pfändung und der Versteigerung mindestens eine Woche liegen. Der Sinn und Zweck der Norm ist darin zu sehen, dass durch diese Wochenfrist einem von der Versteigerung Betroffenen die Gelegenheit zur Abwendung der Versteigerung gegeben werden soll. Die Bestimmung des § 298 Abs. 2 AO soll die Öffentlichkeit der Versteigerung sichern. Durch das Gesetz über die Internetversteigerung v. 30.7.2009[4] wurde die Bestimmung den Erfordernissen einer Versteigerung von gepfändeten Sachen auf diesem Wege angepasst.[5]

[1] Zur Rechtshistorie im Einzelnen s. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 298 AO Rz. 1f.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 816 ZPO Rz. 3; Becker, in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 816 ZPO Rz. 2.
[3] BStBl I 1980, 194.
[4] BGBl I 2009, 2474, BStBl I 2009, 871.

2 Wochenfrist (§ 298 Abs. 1 AO)

 

Rz. 3

§ 298 Abs. 1 AO schreibt vor, dass grundsätzlich zwischen der Pfändung und der Versteigerung mindestens eine Woche vergangen sein muss. Hierdurch soll einem Dritten die Gelegenheit zur Intervention gegeben werden und der Schuldner die Versteigerung noch durch eine freiwillige Leistung abwenden können.[1] Es handelt sich bei der Wochenfrist also um eine Schutzfrist.[2] Aufgrund dieser Schutzfunktion zugunsten des Vollstreckungsschuldners, dem die letzte Möglichkeit gewährt wird, innerhalb der Frist das Geld zu beschaffen, gilt die Wochenfrist ebenfalls bei einem freihändigen Verkauf nach § 305 AO im Fall einer Anschlusspfändung nach § 307 AO.[3] Auch § 816 ZPO kennt diese Wochenfrist.[4]

 

Rz. 4

Der Vollstreckungsschuldner kann auf die Einhaltung der Wochenfrist allerdings verzichten. Darüber hinaus bestimmt § 298 Abs. 1 Hs. 2 AO, dass die Wochenfrist nicht eingehalten werden muss, wenn die sofortige Versteigerung erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertminderung abzuwenden oder unverhältnismäßige Kosten einer längeren Aufbewahrung zu vermeiden.[5] Eine Versteigerung unter Nichtwahrung der Wochenfrist kann also insbesondere bei verderblichen Waren (Lebensmittel, Blumen etc.)[6] und bei Waren mit stark schwankenden Marktpreisen in Betracht kommen. Unverhältnismäßige Kosten können insbesondere bei der Unterbringung gepfändeter Tiere entstehen.[7] Über die Abkürzung der Wochenfrist entscheidet die Vollstreckungsstelle. Die Abkürzung ist mit dem Einspruch anfechtbar.

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 298 AO Rz. 1, der auch darauf hinweist, dass in der Praxis die Frist bis zur Versteigerung regelmäßig weit länger ist.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 298 AO Rz. 6.
[3] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 298 AO Rz. 7.
[4] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 816 ZPO Rz. 2.
[5] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 298 Rz. 2.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 298 AO Rz. 3.
[7] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 298 AO Rz. 9.

3 Durchführung der Versteigerung (§ 298 Abs. 2 AO)

 

Rz. 5

Anders als § 816 Abs. 2 ZPO schreibt die AO keinen Ort für die Versteigerung ausdrücklich vor.[1] Vielmehr ist der Ort von der die Versteigerung durchführenden Behörde danach auszuwählen, wo die beste Verwertung möglich erscheint. Bei einer Versteigerung in den Geschäftsräumen des Schuldners ist Art. 13 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen.[2] Die Zeit der Versteigerung steht ebenfalls im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Zeit und Ort der Versteigerung sind öffentlich bekannt zu machen. Wie diese Bekanntmachung erfolgt, steht ebenfalls im Ermessen der Behörde. Die Entscheidung richtet sich vor allem an Zweckmäßigkeitserwägungen aus.[3] Üblicherweise wird die Vollstreckungsbehörde in der Praxis Aushänge im Amt veranlassen oder Inserate in der Presse schalten.

 

Rz. 6

In der Bekanntmachung der Versteigerung hat eine Bezeichnung der Sache, die versteigert werden soll, zu erfolgen. Ausreichend ist eine zusammengefasste Bezeichnung der Gegenstände. Lediglich bei wertvollen Gegenständen sollte eine genaue Nennung erfolgen, um ein möglichst gutes Ergebnis der Versteigerung zu erzielen. Nicht genannt werden darf der Vollstreckungsschuldner, da auch für diesen das Steuergeheimnis nach § 30 AO gilt.

 

Rz. 7

Die Anwesenheit von Gemeindebediensteten oder Polizeibeamten als Zeugen der Versteigerung ist durch § 298 Abs. 2 S. 2 AO nicht vorgeschrieben. Die Hinzuziehung dieser Personen steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen der ...

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