1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 291 AO war § 338 RAO. Für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht gibt es eine entsprechende Bestimmung in § 762 ZPO, die bis auf kleine sprachliche Unterschiede mit der Regelung in § 291 AO übereinstimmt.[1] Inhaltlich bestimmt § 291 AO, dass der Vollziehungsbeamte eine Niederschrift über seine Vollstreckungshandlungen vorzunehmen hat[2], stellt den Mindestinhalt der Niederschrift, die der Vollziehungsbeamte über seine Vollstreckungshandlungen zu fertigen hat, dar[3] und das Erfordernis einer Begründung unter gewissen Voraussetzungen.[4] Zudem wird klargestellt, dass die Niederschrift auch elektronisch erstellt werden kann.[5] Der Sinn der Norm ist in der Beweissicherung zu sehen, zumal das Vollstreckungsverfahren in weiten Bereichen mündlich abläuft.[6] § 291 AO wird insbesondere ergänzt durch Abschn. 20 VollzA.[7]

[1] Seibel, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 762 ZPO Rz. 1ff.; Lackmann, in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 762 ZPO Rz. 1ff.
[6] S. § 290 AO; vgl. auch Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 291 AO Rz. 3.
[7] BStBl I 1980, 194.

2 Wesen der Niederschrift

 

Rz. 2

Die Niederschrift ist eine öffentliche Urkunde i. S. d. § 415 ZPO.[1] Dies bedeutet nach § 418 ZPO, dass die Niederschrift zunächst den Beweis der Richtigkeit für die in ihr bezeugten Tatsachen begründet.[2] Allerdings ist nach § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis des Gegenteils möglich.[3] Durch die Einstufung als öffentliche Urkunde unterliegt die Niederschrift zudem dem strafrechtlichen Schutz des § 348 StGB. Der Vollziehungsbeamte, der eine Falschbeurkundung vornimmt, macht sich deshalb nach § 348 StGB strafbar. Ändert er später die Urkunde, liegt hierin eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB.[4]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 291 AO Rz. 1.
[2] Geimer, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 418 ZPO Rz. 1ff.; Habermann, in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 418 ZPO Rz. 3ff.
[3] S. im Einzelnen Geimer, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 418 ZPO Rz. 4f.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 291 AO Rz. 9; Fischer, in Leopold/Madle/Rader, AO, § 291 AO Rz. 4.

3 Inhalt der Niederschrift

 

Rz. 3

Die in § 291 Abs. 2 AO aufgeführten erforderlichen Inhalte der Niederschrift stellen lediglich den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Mindestinhalt dar.[1] Allgemein zur Aufnahme von Urkunden s. Abschn. 19 VollzA. Über die Bestimmung des § 291 AO hinaus finden sich in der VollzA weitergehende Erfordernisse für verschiedene Vollstreckungshandlungen. Dies gilt insbesondere nach Abschn. 48, 49 und 55.[2] Zudem bleibt es dem Vollziehungsbeamten unbenommen, weitere Tatsachen zu dokumentieren.

 

Rz. 4

Der gesetzlich vorgeschriebene notwendige Inhalt[3] der Urkunde ist:

  • Ort und Zeit der Aufnahme[4]: Der Sinn der Angabe dieser Information ist, dass der Vollziehungsbeamte die Niederschrift unmittelbar nach der Vollstreckungshandlung anzufertigen hat.[5] Auf diese Weise soll eine möglichst genaue Darstellung in der Niederschrift erreicht werden.
  • Gegenstand der Vollstreckungshandlung unter kurzer Erwähnung der Vorgänge[6]: Niederzulegen sind die wesentlichen Vollstreckungshandlungen[7] mit dem Ergebnis der Handlung. Bei einem erfolglosen Pfändungsversuch muss eine kurze Erklärung erfolgen, warum die Pfändung erfolglos war.[8]
  • Namen der Personen, mit denen verhandelt wurde[9]: Hierunter fallen nicht nur der Vollstreckungsschuldner, sondern auch Zeugen, Sachverständige und sonstige Hilfspersonen.[10]
  • Unterschrift der Personen[11]: Dies betrifft die Personen, die nach § 291 Abs. 2 Nr. 3 AO aufgeführt werden müssen. Verweigert eine Person die Unterschrift, ist nach § 291 Abs. 3 AO der Grund für die Verweigerung anzugeben. Nach § 291 Abs. 4 AO entfällt dieses Erfordernis bei einer elektronischen Niederschrift.[12]
  • Unterschrift des Vollziehungsbeamten[13]: Nach der Unterschrift darf der Vollziehungsbeamte die Niederschrift nicht mehr ändern. Nach § 20 Abs. 6 S. 2 VollzA sind spätere Zusätze allerdings zulässig, wenn sie besonders kenntlich gemacht worden sind. Bei elektronischer Niederschrift entfällt die Unterschrift nach § 291 Abs. 4 AO.[14]
 

Rz. 5

Führt der Vollziehungsbeamte mehrere Vollstreckungshandlungen bei einem Vollstreckungsschuldner durch, kann er diese in einer Niederschrift erfassen, sofern es sich um gleichartige Vollstreckungshandlungen handelt.[15] Bei einer Vollstreckung gegen Eheleute sind stets zwei gesonderte Niederschriften zu erstellen.[16] Auf eine Niederschrift kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn der Vollstreckungsschuldner den beizutreibenden Geldbetrag ohne Vorbehalte und Bedingungen an den Vollziehungsbeamten zahlt. In diesem Fall stellt der Vollziehungsbeamte lediglich eine Quittung aus.[17]

 

Rz. 6

Seit der Einfügung des § 291 Abs. 4 AO durch das JStG 2009 besteht für den Vollziehungsbeamten die Möglichkeit, die Niederschrift elektronisch zu erstellen.[18] Mit dieser Regelung wurde der Einführung eines automatisierten Vollstreckungssystems für Vollziehungsbeamte in der Zollverwaltung Rechnung getrage...

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