2.1 Verstrickung

2.1.1 Einschränkung der Verfügungsmacht

 

Rz. 2

Die Pfändung dient der Sicherstellung des gepfändeten Gegenstands zum Zweck der Pfandverwertung und Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers.[1] Die Pfändung bewirkt zunächst die rechtliche Bindung (Verstrickung) des Pfandgegenstands.

 

Rz. 3

Durch die Verstrickung verliert der Vollstreckungsschuldner insoweit die rechtliche Verfügungsmacht über den gepfändeten Gegenstand, als dies zum Zweck der Verwertung erforderlich ist.[2] Dem Vollstreckungsschuldner ist es deshalb verboten, den Gegenstand derart zu veräußern, dass die Vollstreckung beeinträchtigt wird. Dies ist für die Forderungspfändung in § 309 AO ausdrücklich erklärt, gilt aber gleichermaßen für die Pfändung anderer Vermögensrechte[3] und beweglicher Sachen. Es besteht mit der Pfändung ein relatives Veräußerungsverbot i. S. d. §§ 136, 135 BGB.[4] Die Verstrickung ist eine öffentlich-rechtliche Rechtsfolge der Pfändungsmaßnahme.[5]

 

Rz. 4

Die Verstrickung ist strafrechtlich geschützt nach § 136 Abs. 1 StGB. In gleicher Weise ist die Beschädigung des Pfandsiegels[6] strafbar. Dies ergibt sich aus § 136 Abs. 2 StGB.

[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 282 AO Rz. 1.
[4] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 282 Rz. 2.
[5] Zu den zivilrechtlichen Grundlagen der Pfändung s. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 282 AO Rz. 8ff.
[6] S. Erl. bei Dißars, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 286 AO.

2.1.2 Dauer der Verstrickung

 

Rz. 5

Die Verstrickung tritt allein aufgrund der hoheitlichen Pfändungsmaßnahme ein. Sie ist unabhängig davon, ob die Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner besteht und ob der gepfändete Gegenstand zu dessen Vermögen gehört. Die Verstrickung kann sich nur dann nicht ergeben, wenn beim Pfändungsvorgang gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist.[1] Die reine Anfechtbarkeit reicht noch nicht aus, um die Pfandverstrickung nicht entstehen zu lassen. Der Umfang der Verstrickung deckt sich mit dem Umfang des Pfändungspfandrechts (s. Rz. 12).

 

Rz. 6

Die Verstrickung endet ausschließlich mit der Aufhebung der Pfändung durch die Vollstreckungsbehörde, mit der Verwertung des Pfandgegenstands bzw. mit dessen Untergang.[2] Darüber hinaus kann die Beendigung der Verstrickung auch nach § 135 Abs. 2 BGB durch einen gutgläubigen Erwerb des Vollstreckungsgegenstands seitens eines Dritten erfolgen.[3]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 282 AO Rz. 2.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 282 AO Rz. 4; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 282 Rz. 2.
[3] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 804 ZPO Rz. 13.

2.2 Pfändungspfandrecht

2.2.1 Begriff des Pfändungspfandrechts

 

Rz. 7

Durch die Pfändung erlangt der Vollstreckungsgläubiger[1] ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand.[2] Ein Pfandrecht ist nach der Legaldefinition des § 1204 Abs. 1 BGB die Belastung eines Gegenstands in der Weise, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus dem Gegenstand zu suchen.[3] Das Pfändungspfandrecht ist damit die notwendige Ergänzung zur Verstrickung (s. Rz. 2-4). Aufgrund des Pfandrechts hat der Vollstreckungsgläubiger das Recht zur Verwertung des Pfandgegenstands und zur Befriedigung aus dem Erlös.

[3] Palandt/Wicke, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1204 BGB Rz. 1ff.

2.2.2 Wesen des Pfändungspfandrechts

 

Rz. 8

Das Wesen des Pfändungspfandrechts ist immer noch umstritten. Im Wesentlichen werden, wenn auch mit verschiedenen Abweichungen, dabei drei Theorien vertreten, deren Unterschiede in der Praxis allerdings von untergeordneter Bedeutung sind.[1]

 

Rz. 9

Die privat-rechtliche Theorie sieht das Pfändungspfandrecht als dritte Art privatrechtlicher Pfandrechte und nimmt volle Akzessorietät hinsichtlich der der Pfändung zugrunde liegenden Forderung an. Besteht die Forderung nicht oder wird ein nicht dem Vollstreckungsschuldner gehörender Gegenstand gepfändet, so soll das Pfandrecht nicht entstehen. Die gemischt privat-öffentlich-rechtliche Theorie, die wohl als h. M. in der zivilprozessualen Vollstreckung anzusehen ist, da sie insbesondere von den Zivilgerichten vertreten wird[2], sieht die Grundlage der Verwertung in der Verstrickung. Das Pfändungspfandrecht ist nur für die Frage von Bedeutung, ob dem Vollstreckungsgläubiger der Erlös zusteht. Fehlt eine Vollstreckungsvoraussetzung (Forderung, Eigentum des Vollstreckungsschuldners), soll das Pfandrecht nicht entstehen und dem Vollstreckungsgläubiger deshalb nach dieser Theorie auch nicht der Erlös zustehen.

 

Rz. 10

Die öffentlich-rechtliche Theorie sieht in dem Pfändungspfandrecht die Verwertungsgrundlage (s. Rz. 6). Dieses Pfandrecht entsteht mit der Pfändung unabhängig davon, ob die Forderung besteht und der Pfandgegenstand Eigentum des Vollstreckungsschuldners ist. Das Pfändungspfandrecht ist nicht akzessorisch. Die Verwertung allein aufgrund des Pfändungspfandrechts ist rechtmäßig. Dieser Theorie wird zu folgen sein, da sie sich schlüssig aus dem Gesetzestext herleiten lässt, indem die Wirkung der Pfändung allein an den Pfändungsvorgang angeknüpft wird.[3] Allerdings ergibt sich eine gewisse Inkonsequenz bei dieser ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge