Rz. 4

Die Mahnung soll nach dem Wortlaut des § 259 AO i. d. R. erteilt werden. Sie ist folglich keine zwingende Vollstreckungsvoraussetzung, sondern liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde.[1] Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist jedoch davon auszugehen, dass grundsätzlich eine Mahnung zu erteilen ist. Nur ausnahmsweise kann die Mahnung unterbleiben. Dies ist dann der Fall, wenn die Mahnung im Einzelfall den Erfolg der Vollstreckung gefährden würde oder der potenzielle Vollstreckungsschuldner bereits zuvor deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Leistung nicht erbringen wird. Auch Abschn. 19 Abs. 3 VollStrA schreibt die Mahnung nicht in jedem Fall vor. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Mahnung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig als das geringste Mittel geboten sein wird, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen eine Mahnung sprechen. Das Unterlassen einer Mahnung berührt jedoch die Rechtmäßigkeit der folgenden Vollstreckungsmaßnahmen nicht, wenn sie auf einer fehlerfreien Ermessensentscheidung beruht.[2] Das einfache Unterlassen einer Mahnung ohne das Anstellen von Ermessenserwägungen durch die Finanzbehörde ist allerdings ein Ermessensfehlgebrauch und führt damit zur Rechtswidrigkeit der darauf ohne Mahnung getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen.[3] Auch wenn die Mahnung trotz Ermessensentscheidung ohne sachgerechten Grund unterbleibt, ist dies ermessensfehlerhaft.[4]

 

Rz. 5

Einer Mahnung bedarf es ferner nicht, wenn eine der in § 259 AO ausdrücklich genannten ersatzweisen Erinnerungen gegeben ist. Als Mahnung galt nach § 259 S. 2 AO a. F. bis zur Aufhebung dieser Sonderbestimmung durch das AmtshilfsRLUmsG v. 26.6.2013[5] auch der Postnachnahmeauftrag. Nach der aktuellen Fassung des § 259 AO ist dies nach § 259 S. 2 AO (ehemals S. 3) die Zahlungserinnerung vor Eintritt der Fälligkeit und nach § 259 S. 3 AO die allgemeine Erinnerung durch öffentliche Bekanntmachung.[6] § 259 S. 2 a. F. AO wurde aufgehoben, da der Postnachnahmeauftrag in dem automatisierten Vollstreckungsverfahren keine Bedeutung mehr hatte.

 

Rz. 6

Kleinbeträge, das sind Beträge unter 3,00 EUR, werden nicht gemahnt, Beträge von 3,00 EUR bis 9,99 EUR regelmäßig erst nach einem Jahr.[7] Eine Mahnung kann unterbleiben, wenn durch sie der Erfolg etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen gefährdet würde oder wenn gegen den Vollstreckungsschuldner bereits wegen anderer Geldforderungen Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet sind. Das gilt vor allem für die Vollstreckung von steuerlichen Nebenleistungen im Zusammenhang mit derjenigen von Hauptleistungen, für die gemahnt worden ist.[8] In diesen Fällen ist ein Schutzbedürfnis des Vollstreckungsschuldners nicht gegeben. Umgekehrt ist erneut zu mahnen, wenn nach erstmaliger Mahnung für einen Betrag eine Stundung[9] oder Aussetzung der Vollziehung[10] gewährt worden ist und deren Lauf beendet wird. Ist der Schuldner allerdings bereits bei der Stundung auf die sofortige Zahlungspflicht nach Beendigung der Stundung hingewiesen worden, bedarf es keiner Mahnung mehr.

[1] So auch BFH v. 2.11.1998, VII B 148/98, BFH/NV 1999, 588; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 259 AO Rz. 10 spricht von einer Soll-Vorschrift; Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 259 Rz. 3.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 259 AO Rz. 10.
[4] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 259 Rz. 2; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 259 AO Rz. 14.
[5] BGBl I 2013, 1809.
[6] S. zu diesen Bestimmungen Rz. 11–13; auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 259 AO Rz. 9f.
[7] BMF v. 22.3.2001, IV-4 – S-0512 – 2/01, BStBl I 2001, 242; es stellt sich hierbei die Frage, ob nicht eine Anhebung dieser Beträge angezeigt ist, zumal § 156 AO nunmehr eine Grenze von 25 EUR vorsieht, vgl. Kommentierung zur § 156 AO.
[8] Müller-Eiselt,in HHSp, AO/FGO, § 259 AO Rz. 12.

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