3.1 Rechtsschutz vor Erlass von Vollstreckungsmaßnahmen

 

Rz. 3

Aus dem Grundprinzip der AO, dass Rechtsschutz nur gegen Maßnahmen der Verwaltung gegeben ist, folgt, dass es grundsätzlich einen Rechtsschutz nur dann geben kann, wenn bereits ein Verwaltungsakt durch die Behörde erlassen worden ist.[1] Demgemäß kann bei einer rein internen Maßnahme der Behörde grundsätzlich noch kein Rechtsschutz gewährt werden. Dies gilt insbesondere auch für vorbereitende Maßnahmen der Finanzbehörden, vor allem den Beschluss, Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.[2] Rechtsschutz wird dem Vollstreckungsschuldner auch erst gewährt, wenn eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme ergriffen worden ist.[3] Nach Ansicht des BFH[4] stellt die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner, dass eine Vollstreckung beabsichtigt sei, keinen Verwaltungsakt dar und kann deshalb auch noch nicht mit einem Rechtsbehelf angefochten werden.[5]

 

Rz. 4

In diesem Bereich macht sich besonders das Fehlen einer Bestimmung bemerkbar, die dem § 767 ZPO entspricht.[6] Der Vollstreckungsschuldner, der den Verwaltungsakt für nicht vollstreckbar hält, kann gegenüber der drohenden Vollstreckung grundsätzlich keine Initiative ergreifen, sondern muss die einzelne Vollstreckungsmaßnahme abwarten, um dann mit einem Rechtsbehelf gegen diese Maßnahme die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts als solche überprüfen zu lassen. Aber selbst bei einem dann erfolgreichen Rechtsbehelf ist damit nicht die Vollstreckung an sich unzulässig, sondern die Verwaltung kann jederzeit andere Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen.

 

Rz. 5

In Ausnahmefällen besteht für den Vollstreckungsschuldner allerdings die Möglichkeit, bereits gegen drohende Vollstreckungsmaßnahmen einen Antrag auf einstweilige Verfügung nach § 114 FGO zu stellen.[7] Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vollstreckung droht, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben sind. In den vom BFH entschiedenen Fällen war etwa die Steuerschuld bereits erloschen[8] oder der Steueranspruch erlassen bzw. gestundet[9] oder es fehlte an einem Leistungsgebot.[10]

[1] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 256 Rz. 4ff.
[2] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 249 AO Rz. 11; Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 3.
[4] BFH v. 20.8.1968, VII B 66, 79/68, BStBl II 1968, 779.
[5] S. a. Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 4.
[6] BFH v. 1.8.2002, VII B 352/00, BFH/NV 2002, 1547; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 10; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 256 Rz. 5.
[7] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 256 AO Rz. 36ff.; Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 4; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 12.
[8] BFH v. 3.2.1976, VII 7/74, BStBl II 1976, 296.

3.2 Einwendungen gegen einzelne Maßnahmen

 

Rz. 6

Nach der AO wird Rechtsschutz nur gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen gewährt.[1] Dabei sind solche Einwendungen zulässig, die sich nicht gegen die Entstehung und Festsetzung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts richten.[2] Einige der möglichen Einwendungen sind in § 257 AO aufgeführt.[3] Demgemäß kann der Vollstreckungsschuldner etwa nicht geltend machen, dass der Anspruch, der vollstreckt werden soll, nicht entstanden ist oder nicht in zutreffender Höhe besteht. Hierbei handelt es sich um ein Vorbringen, das in das Festsetzungsverfahren gehört, sodass diese Einwendungen in einem Verfahren gegen den zugrunde liegenden Verwaltungsakt verfolgt werden müssen. Möglich ist es hingegen, die Einwendung zu erheben, dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt wieder erloschen ist, etwa durch Zahlung. Dies ist eine Einwendung, die sachlich dem Erhebungsverfahren zuzuordnen ist und deshalb im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden kann.[4]

 

Rz. 7

Für die Vollstreckung in bewegliche Sachen stellt § 292 AO z. T. weitergehende Regelungen auf. In diesem Fall kann der Vollstreckungsschuldner nur fünf gesetzlich normierte Einwendungen gegenüber dem Vollziehungsbeamten erheben.[5] Alle anderen Einwendungen sind ausgeschlossen, wobei dieser Ausschluss von Einwendungen allerdings nur gegenüber dem Vollziehungsbeamten, der die jeweilige Vollstreckung durchführt, seine Wirkungen entfaltet.

 

Rz. 8

Rechtsschutz wird gewährt gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme. Sofern es sich bei dieser Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt, ist der Einspruch gem. § 347 AO der statthafte Rechtsbehelf. Sofern die Vollstreckungsmaßnahme keine Verwaltungsaktqualität hat, ist der Einspruch nicht statthaft.[6]

 

Rz. 8a

Zu beachten ist dabei, dass die regelmäßige Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 AO von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts gleichermaßen für mündliche Verwaltungsakte gilt, die im Vollstreckungsverfahren durchaus im Einzelfall vorkommen kann. Unter dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt ist der Verwaltungsakt zu verstehen, der die Grundlage für die Vollstreckungsmaßnahme bildet.[7]

 

Rz. 9

Sofern kein Verwaltungsakt gegeben ist, sondern ein son...

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