Rz. 13

§ 254 Abs. 2 AO normiert abschließend die Fälle, in denen es eines Leistungsgebots ausnahmsweise nicht bedarf. Dies ist zunächst nach § 254 Abs. 2 S. 1 AO der Fall, wenn Säumniszuschläge und Zinsen zusammen mit der Steuer vollstreckt werden, für die sie angefallen sind. Die Ausnahme vom Grundsatz wird in § 254 Abs. 2 S. 2 AO zudem für solche Vollstreckungskosten, die mit der Hauptschuld vollstreckt werden sollen, ausgeweitet. In diesen Fällen kommt die Höhe der zu vollstreckenden Nebenleistung deshalb nicht überraschend für den Vollstreckungsschuldner, weil die Höhe der Nebenleistungen bzw. die Vollstreckungskosten sich bereits aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben.[1] Etwas anderes gilt hingegen derzeit noch bei Verspätungszuschlägen nach § 152 AO, da sich deren Höhe im jeweiligen Einzelfall nicht aus dem Gesetz ergibt[2], sowie Zwangsgeldern nach § 329 AO.[3] Für die Vollstreckung von Verspätungszuschlägen und Zwangsgelder ist deshalb ein Leistungsgebot erforderlich.[4] Gleiches muss bei einer Vollstreckung von Verzögerungsgeldern nach § 146 Abs. 2c AO gelten, da bei diesen im Gesetz ein großer Rahmen hinsichtlich der Höhe besteht. Wird ein ausländischer Haftungsbescheid in Deutschland vollstreckt, mit dem ein Leistungsgebot verbunden ist, ist die Vollstreckung in Deutschland unmittelbar möglich.[5]

 

Rz. 14

Zudem ist das Leistungsgebot nach § 254 Abs. 1 S. 4 AO auch dann entbehrlich, wenn der Vollstreckungsschuldner eine von ihm aufgrund einer Steueranmeldung geschuldete Leistung nicht erbracht hat. In diesen Fällen bedarf der Vollstreckungsschuldner des Schutzes nicht, da er die Steuerschuld selbst errechnet hat. Weicht die Finanzbehörde allerdings von der Steueranmeldung des Stpfl. ab, ist ein Leistungsgebot über den Betrag erforderlich, der über den angemeldeten Steuerbetrag hinausgeht.[6] Die Geltendmachung von Steuerforderungen in einem Insolvenzverfahren erfordert ebenfalls kein Leistungsgebot, da dies durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geschieht.[7]

 

Rz. 14a

Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften[8] wurde § 254 Abs. 2 Satz 3 AO neu in das Gesetz eingefügt. Die Neuregelung ermöglicht es, dass Säumniszuschläge, die nicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 AO mit der Hauptsteuer beigetrieben werden, ausschließlich automationsgestützt angefordert werden können. Diese Ergänzung des Gesetzes war deshalb erforderlich, um den Anforderungen des Art. 22 DSGVO gerecht zu werden.[9] Hiernach bedarf es für eine ausschließlich automationsgestützte Verarbeitung einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Eine solche wurde durch § 254 Abs. 2 Satz 3 AO geschaffen.

[1] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 254 AO Rz. 64f.
[2] Es ist allerdings fraglich, ob sich diese Argumentation angesichts der seit 2019 geltenden Rechtslage bei Verspätungszuschlägen noch aufrecht erhalten lässt. Nach der Fassung des § 152 AO, wie sie sich aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ergibt, ist die Berechnung der Höhe von Verspätungszuschlägen in einem erheblich größeren Maße als bisher im Gesetz normiert.
[3] Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 254 Rz. 9.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 254 AO Rz. 24; Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 254 AO Rz. 65; zu Zwangsgeldern s. BFH v. 6.11.2003, VII B 149/03, BFH/NV 2004, 159.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 254 AO Rz. 19ff.; a. A. Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 254 AO Rz. 61.
[8] Gesetz v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2451.
[9] Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 254 Rz. 9.

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