Rz. 11

Die für die Praxis wichtigsten Regelungen des § 251 AO finden sich in Abs. 2 und 3, da in diesen Aussagen über das Verhältnis von Steuerrecht und Insolvenzrecht getroffen werden.[1] Dabei ist aber zu beachten, dass in § 251 Abs. 2 und 3 AO keine abschließende Regelung für das Verhältnis von Steuerrecht und Insolvenzrecht getroffen ist. In der AO finden sich verstreute Nennungen des Insolvenzverfahrens über § 251 AO hinaus in §§ 75 Abs. 2, 171 Abs. 13 und 282 Abs. 2 AO, die einzelne Folgen des Insolvenzverfahrens betreffen. Auch in der InsO sind nur Teilaspekte geregelt. Die Chance einer umfassenderen Regelung der Behandlung von Steuerforderungen im Rahmen der Einführung der InsO ist damit vertan worden.[2]

 

Rz. 12

Hierbei soll allerdings durchaus nicht verkannt werden, dass eine lückenlose Regelung der insolvenzrechtlichen Behandlung von Steuerforderungen aufgrund der völlig anders gearteten Regelungsbereiche nicht möglich erscheint. Das Steuerrecht ist öffentliches Recht, das den Steueranspruch des Staates normiert, während das Insolvenzrecht die Behandlung von Ansprüchen, seien diese nun zivil- oder öffentlich-rechtlicher Natur, im Fall einer Insolvenz darstellt.[3] Nach § 251 Abs. 2 S. 1 AO bleiben die Bestimmungen der InsO unberührt. Aus dieser Formulierung wird allgemein ein Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerrecht abgeleitet oder kurz gefasst "Insolvenzrecht geht vor Steuerrecht".[4] Dies bedeutet indes nicht, dass das Steuerrecht durch das Insolvenzrecht völlig verdrängt wird, sondern gilt vor allem für die Frage der Geltendmachung von Steuerforderungen in der Insolvenz. Unberührt durch die Insolvenz bleiben vor allem die steuerrechtlichen Bestimmungen, die die Höhe und das Entstehen von Steueransprüchen betreffen.[5]

[1] Zum Verhältnis von Steuerrecht und Insolvenzrecht s. Loose, StuW 1999, 20; Hölzle, BB 2012, 1571.
[2] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 19ff.
[3] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 21.
[4] Kritisch Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 20; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rz. 5, beide unter Verweis auf RFH v. 25.10.1926, GrS 1/26, RFHE 19, 355; BFH v. 14.2.1978, VIII R 28/73, BStBl II 1978, 356; so auch Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 251 Rz. 4; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 251 Rz. 17; Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 13. Aufl. 2021, Rz. 462ff.; Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 251 AO Rz. 27f.
[5] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 21; Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 13. Aufl. 2021, Rz. 466.

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