Rz. 171

Nach § 304 Abs. 1 InsO findet über das Vermögen einer natürlichen Person, die keine oder nur eine geringfügige selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ein besonderes, vereinfachtes Verfahren Anwendung.[1] Der Anwendungsbereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist dabei durch das InsO-Änderungsgesetz 2001 eingeschränkt worden, da dieses Verfahren jetzt regelmäßig auf Privatschuldner beschränkt bleibt.[2] Ziel des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist es in erster Linie, eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern herbeizuführen, und erst in zweiter Linie, nach einem Scheitern der Schuldenbereinigung ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchzuführen. Eine weitere Voraussetzung für einen Schuldenbereinigungsplan ist dabei nach § 305 InsO, dass ein außergerichtlicher Einigungsversuch zwischen den Beteiligten fehlgeschlagen ist.[3] Damit handelt es sich bei dem Verbraucherinsolvenzverfahren um ein dreistufiges Verfahren. Allerdings ist vorgesehen, diesen zwingenden außergerichtlichen Einigungsversuch abzuschaffen.

 

Rz. 172

Im Rahmen dieses außergerichtlichen Einigungsversuchs sollen sich die Gläubiger mit dem Schuldner nach der derzeitigen Rechtslage über eine Bereinigung der Schulden zu einigen versuchen. Ziel dieses Verfahrens ist eine Entlastung der Gerichte. Die Art und Weise der Einigung unterliegt der vollständigen Gestaltungsfreiheit der Beteiligten. Auch das FA als Gläubiger einer Steuerforderung nimmt an diesem außergerichtlichen Einigungsversuch teil.[4] Bei den Maßnahmen, die die Finanzverwaltung im Rahmen eines solchen Versuchs unternimmt, ist die Rechtsnatur und damit die Art des Rechtsschutzes umstritten. Teilweise wird den Maßnahmen Verwaltungsaktqualität zugebilligt[5], teilweise wird diese verneint.[6] Zuzustimmen ist dabei der Ansicht, die in den Maßnahmen der Finanzbehörden in diesem dem eigentlichen insolvenzrechtlichen Verfahren vorgeschalteten Verfahren Verwaltungsakte sieht, da es sich noch nicht um ein Verfahren nach der InsO handelt. Vielmehr gilt die AO. Die Maßnahmen der Verwaltung, etwa insbesondere ein teilweiser Erlass oder Stundungen, sind damit mit dem Einspruch anfechtbar.

 

Rz. 173

Als Billigkeitsmaßnahme müssen die in den §§ 163 und 227 AO genannten Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere Erlasswürdigkeit und Erlassbedürftigkeit.[7] Hierbei sind insolvenzrechtliche Kriterien maßgebend. Für die Frage der Erlasswürdigkeit ist aus Sicht der Finanzverwaltung von wesentlicher Bedeutung, ob in einem späteren Verfahrensstadium ein Antrag der Verwaltung, dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach § 290 InsO zu versagen, Erfolg haben würde. Hätte ein solcher Antrag voraussichtlich keinen Erfolg, gilt der Schuldner als erlasswürdig.

 

Rz. 174

Nach § 290 InsO ist eine Restschuldbefreiung in verschiedenen Fällen zu versagen.[8] Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Schuldner rechtskräftig wegen einer Straftat nach §§ 283ff. StGB verurteilt worden ist, er vorsätzlich oder grob fahrlässig in den letzten 3 Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat mit dem Ziel, sich einen Steuervorteil zu verschaffen, der Schuldner unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf Besserung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat oder der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht angemessen nachgekommen ist.[9] Die Frage, ob der Schuldner erlassbedürftig ist, ist nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners zu beurteilen. Dem Schuldenbereinigungsplan kann deshalb aus der Sicht der Steuerverwaltung zugestimmt werden, wenn der Schuldner sein gesamtes Vermögen und auch für eine gewisse Zeit sein zukünftiges Einkommen zur Schuldentilgung einsetzt, die angebotenen Zahlungen angemessen sind, alle Gläubiger mit der gleichen Quote befriedigt werden und nach den vorliegenden Umständen damit zu rechnen ist, dass der Schuldner den vorgelegten Schuldenbereinigungsplan vollständig und fristgemäß erfüllen wird.[10]

 

Rz. 175

Scheitert die außergerichtliche Einigung, benötigt der Schuldner für die Eröffnung des Schuldenbereinigungsplanverfahrens[11] als zweiten Schritt eine Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung.[12] Ferner sind mit dem Eröffnungsantrag oder unverzüglich danach ein Antrag auf eine Restschuldbefreiung oder der Verzicht auf diese[13], Verzeichnisse der Gläubiger und des Vermögens[14] sowie ein Schuldenbereinigungsplan[15] einzureichen. Liegen dem Gericht alle Unterlagen vor, versucht es nochmals, eine Einigung zwischen dem Schuldner und den Gläubigern herbeizuführen. Das Verfahren über den Antrag des Verfahrens ruht bis zu einer Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan.[16] Wird der Schuldenbereinigungsplan angenommen, erlöschen die Forderungen der Gläubiger. Dies gilt auch für Steuerforderungen. Da es sich um ein insolvenzrechtliches Verfahren handelt, gelten die Bestimmungen der AO nicht mehr. Ein Verzic...

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