Rz. 120

Für den Vorsteuerabzug ergeben sich in der Insolvenz zunächst keine Besonderheiten. Da der Schuldner Unternehmer bleibt, bleibt er auch zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind. Soweit es sich bei der geltend gemachten Vorsteuer um solche handelt, die auf Leistungen entfällt, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, mindern diese Vorsteuern die als Insolvenzforderung anzusetzende USt-Schuld. Ein Überschuss nach der Befriedigung dieser Forderung mindert dann die als Masseverbindlichkeit anzusetzende USt-Schuld. Beruht die Vorsteuer auf einer Leistung nach der Insolvenzeröffnung, erfolgt primär eine Minderung der Masseverbindlichkeit und dann eine Verminderung der Insolvenzforderung des gleichen Zeitraums.[1] Erstattungen von Vorsteuern fließen in jedem Fall in die Insolvenzmasse.[2]

 

Rz. 121

Zu der Vorsteuer, die der Schuldner als Unternehmer abziehen kann, zählt auch die USt, die dem Schuldner vom Insolvenzverwalter für seine Tätigkeitsvergütung in Rechnung gestellt wird, da der Insolvenzverwalter selbst Unternehmer ist.[3]

 

Rz. 122

Das Insolvenzverfahren kann aus verschiedenen Gründen eine Korrektur des Vorsteuerabzugs erforderlich machen.[4] Dabei sind 3 Fälle in der Praxis von besonderer Bedeutung: eine Korrektur der Vorsteuer nach § 17 Abs. 1 UStG, eine solche nach § 15a UStG sowie aufgrund der Ausübung eines Eigentumsvorbehalts durch einen Gläubiger im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Wichtigster Fall ist wohl der, in dem der Leistende im Insolvenzverfahren des Leistungsempfängers ganz oder teilweise mit seiner Forderung ausfällt. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nach § 17 Abs. 1 UStG rückgängig zu machen, da ein Fall der Änderung der Bemessungsgrundlage vorliegt. Diese Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs führt zu einer Forderung der Finanzbehörde gegen den Schuldner. Die Forderung auf Rückzahlung der Vorsteuer ist dabei Insolvenzforderung, da der Vorsteuerrückforderungsanspruch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist. Der Rechtsgrund seines Entstehens liegt nämlich vor diesem Zeitpunkt.[5]

 

Rz. 123

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Forderung des Leistenden uneinbringlich, und zwar in voller Höhe, ohne Rücksicht auf eine etwaige spätere Quote. Maßgebend ist, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Forderungen gegen den Schuldner vom Gesetz her vorläufig nicht durchsetzbar sind.[6] Der aufgrund dessen entstehende Vorsteuerrückforderungsanspruch entsteht mit dem Ablauf des Voranmeldezeitraums, in den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt. Dabei führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu einer Unterbrechung des Voranmeldezeitraums, sodass der Vorsteuerrückforderungsanspruch nicht früher, also etwa zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens, entstehen kann. Praktisch bedeutet dies, dass ein Vorsteuerrückforderungsanspruch in voller Höhe, ohne eine etwaige Insolvenzquote zu berücksichtigen, zur Tabelle anzumelden ist.[7]

 

Rz. 124

Ein Sonderfall liegt vor, wenn die tatsächliche Uneinbringlichkeit der Forderung schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, dies aber erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens deutlich geworden ist. Diese Forderung ist dann eine nicht fällige Forderung und deshalb nach § 41 InsO abzuzinsen. Zudem ist in diesem Fall noch nicht von einer vollen Uneinbringlichkeit auszugehen, wie dies bei einer Uneinbringlichkeit aufgrund einer Verfahrenseröffnung angenommen wird. Ein weiterer Sonderfall liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter ein umsatzsteuerpflichtiges Dauerschuldverhältnis, für das bereits ein Entgelt im Vorab entrichtet wurde, kündigt. Dies gilt insbesondere für einen Miet- oder Leasingvertrag. Auch in diesen Fällen ist der Vorsteuerrückforderungsanspruch eine Insolvenzforderung, da das maßgebende Rechtsverhältnis bereits vor der Insolvenzeröffnung begründet war.

 

Rz. 125

Wird eine unter Eigentumsvorbehalt[8] gelieferte Sache im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vorbehaltskäufers von dem Verkäufer zurückgenommen, ist ebenfalls der Vorsteuerabzug, der aus der Rechnung des Verkäufers über das Vorbehaltsgut vorgenommen wurde, zu korrigieren. Auch dieser Rückforderungsanspruch ist als Insolvenzforderung anzusehen, da er vor der Verfahrenseröffnung begründet war, wenn auch der Rückforderungsanspruch erst später fällig wurde. Umsatzsteuerlich entsteht der Rückforderungsanspruch in dem Zeitpunkt, in dem der Vorbehaltsverkäufer sein Recht ausübt; die Minderung der Vorsteuer ist in diesem Voranmeldezeitraum zu berücksichtigen. Die zivilrechtliche Grundlage für den Vorsteuerrückforderungsanspruch, die allein maßgebend für die insolvenzrechtliche Einordnung ist, wurde jedoch bereits vor der Verfahrenseröffnung gelegt.[9]

 

Rz. 126

Eine dritte Möglichkeit der Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs in der Insolvenz kann sich aus § 15a UStG bei einer Veränderung der Verhältnisse innerhalb der gesetz...

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