Rz. 18

Abs. 2 enthält eine Sonderregelung für Haftungsbescheide. Die Fälligkeit von Haftungsschulden richtet sich nach § 220 Abs. 2 AO, tritt also regelmäßig mit Verwirklichung des Haftungstatbestands ein, frühestens jedoch mit Bekanntgabe des Haftungsbescheids.[1] Üblicherweise ist mit einem Haftungsbescheid ein Leistungsgebot verknüpft, das eine Zahlungsfrist einräumt. Die Fälligkeit tritt dann mit Ablauf dieser Frist ein, diese ist für die Verjährungsfrist maßgebend.

Für den Fall, dass keine Zahlungsaufforderung beigefügt wird, kann der Beginn der Verjährungsfrist zweifelhaft sein. Solche Haftungsbescheide konkretisieren den Haftungsanspruch, sie lassen ihn aber nicht fällig werden, sodass es für die Zahlungsverjährung solcher Fälle einer eigenen Regelung bedarf.[2] Damit in diesen Fällen die Zahlungsverjährungsfrist nicht erst beginnt, wenn gegenüber dem Haftungsschuldner auch eine Zahlungsaufforderung nach § 219 AO ergangen ist, bestimmte § 229 Abs. 2 a. F. AO in seiner bis zum 20.12.2022 geltenden Fassung, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Haftungsbescheid nach § 124 AO wirksam geworden ist. Diese Regelung gilt nach Art. 97 § 14 Abs. 6 EGAO für alle am 21.12.2022 bereits abgelaufenen Zahlungsverjährungsfristen weiter (Rz. 2). Eine bereits eingetretene Zahlungsverjährung wird also durch die Gesetzesänderung nicht durchbrochen.[3]

 

Rz. 18a

Für zu diesem Zeitpunkt noch laufende Verjährungsfristen wird durch § 229 Abs. 2 AO i. d. F. des JStG 2022[4] nunmehr im Grundsatz auf die Nachholung der Zahlungsaufforderung abgestellt. Hierzu sieht das Gesetz aber als begrenzende Regelung vor, dass auch ohne Erlass einer Zahlungsaufforderung die Zahlungsverjährung spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist, beginnt. Auch hier hält der Gesetzgeber also konsequent an der Kalenderjahrverjährung (vgl. Rz. 1) fest.

 

Rz. 18b

Der dem Rechtsfrieden dienende Beginn der Zahlungsverjährung wird dabei weiterhin nicht allein der Entscheidung der Finanzverwaltung über den Erlass einer Zahlungsaufforderung gegenüber dem Haftungsschuldner überlassen. Ohne eine solche spezifische Regelung könnte der Haftungsschuldner, wenn nur der Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot erlassen wird, zeitlich unbegrenzt in Anspruch genommen werden.[5] Da bei einem Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung § 229 Abs. 2 AO eine eindeutige Rechtsfolge regelt, kommt es auf die Frage, welches Ergebnis sich ohne Spezialregelung bereits aus §§ 220 Abs. 2, 229 Abs. 1 AO ergeben würde, also nicht mehr an.

 

Rz. 18c

Der Beginn und damit auch der spätere Eintritt der Zahlungsverjährung wird durch die Neuregelung des § 229 Abs. 2 AO durch das JStG 2022 erheblich zulasten der Haftungsschuldner hinausgeschoben. Der Gesetzgeber begründet dies zum einen mit der Sicherung des Steueraufkommens und gleichzeitig mit der Wahrung der Steuergerechtigkeit.[6] Zum anderen dient die Neuregelung aber auch der Verwaltungsökonomie. Sie erspart es den Finanzbehörden weitgehend, die Zahlungsverjährungsfrist gegenüber dem Haftungsschuldner auch ohne Erlass einer Zahlungsaufforderung mit einer Maßnahme des § 231 AO zu unterbrechen, um das Erlöschen des Haftungsanspruchs zu vermeiden.[7]

 

Rz. 19

Der eventuelle Eintritt der Zahlungsverjährung des Steueranspruchs nach § 228 AO gegenüber dem Stpfl. nach Erlass des Haftungsbescheids berührt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht.[8] Vielmehr läuft die Zahlungsverjährungsfrist für den Haftungsbescheid gegenüber der des Steuerbescheids gesondert.[9]

[2] Günther, AO-StB 2022, 21, 23.
[3] Baum, in AO eKommentar, § 229 AO Rz. 11.
[4] Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022, BGBl I 2022, 2294.
[5] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 229 AO Rz. 9; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 229 Rz. 12; vgl. Günther, AO-StB 2022, 21, 23.
[6] Baum, in AO eKommentar, § 229 AO Rz. 11.1.
[7] Baum, in AO eKommentar, § 229 AO Rz. 11.1.
[8] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 229 AO Rz. 10; Kögel, in Gosch, AO/FGO, § 229 AO Rz. 11; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 229 Rz. 10; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 229 Rz. 13.

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