Rz. 28

Wird dem Stundungsantrag nicht vollen Umfangs entsprochen oder wird ein Stundungsverwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Stpfl. die Möglichkeit, hiergegen Einspruch nach § 347 Abs. 1 einzulegen. Die Finanzbehörde, die den so angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, entscheidet über den Einspruch. Sie hat nach § 367 Abs. 2 S. 1 den Verwaltungsakt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, auch hinsichtlich der Ermessensausübung, vollen Umfangs zu überprüfen. Das gilt auch insoweit, als die Entscheidung von der Zustimmung einer vorgesetzten Finanzbehörde abhing und diese die Zustimmung verweigert hat.

Bei ablehnender Einspruchsentscheidung ist gegen die örtliche untere Behörde, die die Stundung abgelehnt hatte, die Verpflichtungsklage gegeben. Die gerichtliche Überprüfung kann sich zum einen darauf erstrecken, ob die rechtlichen Voraussetzungen einer Stundung (Vorliegen einer erheblichen Härte, Nichtgefährdung des zu stundenden Anspruchs) gegeben sind, zum anderen darauf, ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt[1]. Die Klage hat nur dann Aussicht auf vollen Erfolg, wenn der Kläger eine Stundung beanspruchen kann. Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Ermessensspielraum sich so eingeengt hat, dass nur die Stundung gewährt werden kann (vgl. Rz. 23). Hat das Finanzamt über den Stundungsantrag ermessensfehlerhaft entschieden, besteht aber kein Anspruch des Klägers auf die Stundung, so kann das FG den die Stundung ablehnenden Verwaltungsakt aufheben. Nur unter besonderen Umständen, insbesondere bei Einengung des Ermessensspielraums auf Null, darf das Gericht die Verpflichtung zur Gewährung der Stundung aussprechen[2]. Durch Tilgung der Steuerschuld erledigt sich nach st. Rspr. des BFH nicht der die Stundung ablehnende Verwaltungsakt[3]. Eine Stundung ist nämlich rückwirkend möglich. Trotz Tilgung können zwischenzeitlich Säumnisfolgen eingetreten sein, für die die Entscheidung über den Rechtsbehelf bedeutsam sein kann. Eine Klage auf Stundung einer durch Verrechnung – rückwirkend – erloschenen Steuerforderung ist dagegen unzulässig[4].

Bei einem Rechtsanspruch auf Stundung nach einer gesetzlichen Vorschrift[5] oder auf Grund einer verbindlichen Zusage der Finanzbehörde ist nach § 347 Abs. 1 ebenfalls der Einspruch gegeben.

 

Rz. 29

Vorläufiger Rechtsschutz im Verfahren der Stundung von Abgaben kann nur durch einstweilige Anordnung nach § 114 FGO gewährt werden. Das Gericht kann durch eine derartige Entscheidung eine vorübergehende Stundung bis zur Entscheidung über die Haupt-(Stundungs-)Sache anordnen[6]. Der Anspruch auf Stundung ist nämlich Anordnungsanspruch i. S. d. § 114 Abs. 1 S. 2 FGO (BFH v. 8.2.1988, IV B 102/87, BStBl II 1988, 514; BFH v. 12.2.1991, VII B 170/90, BFH/NV 1992, 42; s. auch Kruse, in T/K, AO, § 222 Rz. 68). Dieser setzt allerdings das Bestehen eines Stundungsanspruchs voraus. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn ein Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben ist[7] oder aus anderen Gründen der zu zahlende Betrag alsbald an den Steuerschuldner zurückzuzahlen wäre[8], nicht dagegen, wenn einem ESt-Vorauszahlungsanspruch die ungewisse Aussicht auf einen Vorsteuerüberhang gegenübersteht[9]. Der Anordnungsanspruch muss gemäß § 114 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO zuvor glaubhaft gemacht werden. Dafür sind Darlegungen erforderlich, aus denen sich ergibt, dass eine Ablehnung der Stundung durch das Finanzamt ermessenswidrig ist[10].

 

Rz. 29a

Neben dem Anordnungsanspruch ist für eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO auch ein Anordnungsgrund erforderlich. Als Anordnungsgrund kommt nur eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtssituation des Antragstellers in Betracht. Wesentliche Nachteile, eine drohende Gewalt und ähnliche andere schwerwiegende Gründe sind also erforderlich[11]. Dabei darf die Anordnung nur auf Sicherung des Antragstellers gehen und nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Wäre allerdings ein effektiver Rechtsschutz ohne einstweilige Anordnung nicht gewährleistet und entstünden ohne sie nicht wiedergutzumachende Nachteile, so ist die einstweilige Anordnung möglich[12].

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