5.1 Verfahrensmäßige Einordnung und Zuständigkeit

 

Rz. 19

Die Stundung ist ein Korrekturinstrument im Erhebungsverfahren. Organisatorisch sind in den Finanzämtern jedoch nicht die Kassen, sondern diejenigen Dienststellen mit der Wahrnehmung der Aufgaben betraut, die zugleich für die Festsetzung des Anspruchs zuständig sind. Entsprechendes gilt, wenn die Kassengeschäfte besonderen Finanzämtern überlassen sind, für die Veranlagungsfinanzämter.

 

Rz. 20

Sachlich zuständig sind originär wie auch für die endgültigen Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227, 234 Abs. 2, 237 Abs. 4 gemäß § 16 i. V. m. §§ 12, 17 FVG die örtlich verwaltenden Behörden, also die Finanzämter sowie die Hauptzollämter und deren Dienststellen. Allerdings ist für bestimmte Fälle (Betragshöhe, Zeiträume) eine Zustimmung übergeordneter Finanzbehörden bzw. des BMF vorbehalten worden, die jedoch nur für die Gewährung, nicht dagegen für die Ablehnung der Stundung gelten. Durch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.1.2004[1] ist die Mitwirkung vorgesetzter Finanzbehörden vorgeschrieben worden. Die Finanzämter dürfen nach dieser Regelung stunden:

  • bis zu 100.000 EUR pro Jahr und Steuerart zeitlich unbegrenzt, höhere Beträge bis zu 6 Monaten;
  • bis zu 250.000 EUR pro Jahr und Steuerart mit Zustimmung der OFD zeitlich unbegrenzt, höhere Beträge bis zu 12 Monaten;
  • längerfristige Stundungen nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde.

Für Stundungen von Beträgen von mehr als 500.000 EUR und mehr als 12 Monaten hat sich zusätzlich das BMF bei Steuern der Auftragsverwaltung durch die Länder die Vorlage zur Zustimmung erbeten[2]. Die Beteiligung der OFD bzw. der obersten Landesbehörde sowie das Zustimmungsverfahren mit dem BMF sind jedoch jeweils ein verwaltungsinterner Vorgang, der auf die gesetzliche sachliche Zuständigkeit der örtlichen Behörde und damit auf die Wirksamkeit keinen Einfluss hat. Für die Realsteuern, für die nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 auch § 222 gilt, sind die Gemeindebehörden für die Stundung zuständig, wenn sie abweichend von § 22 Abs. 2 für die Festsetzung, Erhebung und Beitreibung dieser Steuern zuständig sind.

5.2 Antrag

 

Rz. 21

Die Verwaltung kann eine Stundung von Amts wegen aussprechen, so z. B. wenn der Stpfl. einen Billigkeitserlass beantragt hat, die Behörde aber nur die Voraussetzungen für eine Stundung als gegeben ansieht. Grundsätzlich wird die Behörde jedoch nur auf besonderen Antrag hin tätig (s. § 222 S. 2). Eine Stundung ohne Antrag ist jedoch nicht zu beanstanden. Sie führt nämlich regelmäßig nicht zu belastenden Folgen für den Schuldner, da er die Schuld dennoch tilgen kann (vgl. Kruse, in T/K, AO, § 222 Rz. 49; a. A. Rüsken, in Klein, AO, § 222 Rz. 43). Die Zinsfolge des § 234 für eine so gewährte Stundung dürfte allerdings bei vorzeitiger Zahlung nicht angebracht sein. Sie ist durch Verzicht nach § 234 Abs. 2 auf die Zinsen für die in Anspruch genommene Stundung (wenn vorhanden) zu beschränken.

In dem regelmäßig zu stellenden Antrag hat der Steuerschuldner die Stundungsvoraussetzungen konkret darzulegen. Allgemeine Hinweise auf hohe Lebenshaltungskosten, auf einen Gewinnrückgang oder eine Wirtschaftsrezession reichen zur Begründung nicht aus (vgl. BGH v. 3.12.1981, III ZR 105/80, DStR 1982, 360; zur Mitwirkungspflicht des Stpfl. s. Rz. 16, 22). In aller Regel wird ein Liquiditäts-Status einzureichen sein. Bei einer Stundung aus sachlichen Billigkeitsgründen aufgrund von Verwaltungsanweisungen für Katastrophen und ähnliche Fälle reicht allerdings ein Hinweis auf die Anordnung und die Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen aus. Das Finanzamt hat den Antragsteller gemäß § 89 vor einer negativen Entscheidung auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Antrags hinzuweisen (FG Hessen v. 16.9.1976, VI 151/76, EFG 1977, 128; BFH v. 22.4.1988, III R 269/84, BFH/NV 1989, 428; Kruse, in T/K, AO, § 222 Rz. 51). Bei Zweifeln, ob der gestellte Antrag auf eine Stundung oder einen Vollstreckungsaufschub abzielt[1], sollte der Antragsteller ebenfalls gehört werden (s. § 89).

Der Antrag sollte i. d. R. vor Fälligkeit des Anspruchs gestellt werden. Ein nach Eintritt der Fälligkeit gestellter und bewilligter Antrag hebt die zwischenzeitlich verwirkten Säumniszuschläge nicht auf. Allerdings kann die Stundung auch nachträglich mit Rückwirkung auf den Fälligkeitszeitpunkt ausgesprochen werden[2]. Hierauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch[3]. Sie ändert unmittelbar auch nichts am Bestand vorher getroffener Vollstreckungsmaßnahmen oder am inzwischen verwirklichten haftungsbegründenden Tatbestand des § 69[4]. Eine rückwirkende Stundung kommt vor allem bei einem nicht rechtzeitigen Stundungsantrag nicht in Betracht. Ist ein Antrag rechtzeitig gestellt und wird er erst nach Fälligkeitseintritt abgelehnt, so hat die Finanzbehörde dem Schuldner eine kurze Frist für die Zahlung zu gewähren (h. M.; vgl. Kruse, in T/K, AO, § 222 Rz. 50; Rüsken, in Klein, AO, § 222 Rz. 7). Eine entsprechende Regelung ist in BMF v. ...

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