Rz. 80

Nach Abs. 4 S. 3 gelten die S. 1 und 2 entsprechend, wenn die Erfüllung der geforderten Mitwirkung unmöglich ist, der Stpfl. aber nicht unverzüglich auf die Unmöglichkeit hingewiesen hat. Die Begründung des Regierungsentwurf des DAC 7-UmsG[1] und der Bericht des Finanzausschusses[2] schweigen sich zu den Gründen dieser Regelung und den ihr zugedachten Anwendungsbereich aus. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die in Abs. 4 S. 3 vorausgesetzte Unmöglichkeit der Mitwirkung Fälle betreffe, in denen der Stpfl. den Entlastungsbeweis nach Abs. 2 S. 6 führen könne, so dass von der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes abzusehen sei und es an einem Rechtfertigungsgrund für die Einschränkung oder vollständige Versagung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. fehle. Um zu verhindern, dass sich der Stpfl. erst dann auf die Unmöglichkeit der Pflichterfüllung berufe, wenn – ohne Anwendung des Abs. 4 S. 1 oder 2 – bereits Festsetzungsverjährung eingetreten wäre, stelle Abs. 4 S. 3 die Anwendung der Ablaufhemmungsregelung unter den Vorbehalt, dass der Stpfl. die Finanzbehörde unverzüglich auf die Unmöglichkeit der Mitwirkung hingewiesen habe.[3]

 

Rz. 81

Diese Begründung vermag uns nicht zu überzeugen. Geht man davon aus, dass die Unmöglichkeit der Mitwirkung i. S. d. Abs. 4 S. 3 einen Fall der Entschuldbarkeit der Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 6 begründet, würde sie nach der hier vertretenen Auffassung nur der Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes, nicht aber dem Eintritt der Mitwirkungsverzögerung als solcher entgegenstehen (s. Rz. 29). Das in Abs. 4 S. 1 vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes "wegen einer Mitwirkungsverzögerung" könnte daher durch den Hinweis auf die Unmöglichkeit der Mitwirkungsverzögerung – sei er nun i. S. d. Abs. 4 S. 3 rechtzeitig oder verspätet erfolgt – überhaupt nicht berührt werden. Die Berufung des Stpfl. auf die Unmöglichkeit der Mitwirkung könnte allenfalls zur Aufhebung des Bescheids zur Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes und damit zum Wegfall des weiteren Tatbestandsmerkmals führen, dass "ein Mitwirkungsverzögerungsgeld nach Abs. 2 festgesetzt" wurde. Die – auf welchen Grund auch immer gestützte – Anfechtung der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 löst aber bereits die besondere Ablaufhemmung nach Abs. 5 aus (s. dazu Rz. 87ff.). Ein Bedürfnis für die mit Abs. 4 S. 3 bezweckte Ablaufhemmung könnte daher allenfalls in dem Fall bestehen, dass der Ablauf der Frist des § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. in eine noch laufende Einspruchsfrist gegen die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes fällt. Ob das Vertrauen der Finanzbehörde darauf, dass die Ablaufhemmung über den sich aus § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. ergebenden Ablaufzeitpunkt hinaus andauert, in diesem Ausnahmefall besonderen Schutz verdient, darf allerdings bezweifelt werden.

 

Rz. 82

Der Anwendungsbereich des Abs. 4 S. 3 ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn die Erfüllung der geforderten Mitwirkung unmöglich ist. Dies setzt u. E. voraus, dass die Mitwirkung dem Stpfl. endgültig unmöglich ist. Ist der Stpfl. nur vorübergehend an der Erfüllung des Mitwirkungsverlangens gehindert oder war lediglich die ihm dafür eingeräumte Frist zu kurz bemessen, liegt kein Fall der Unmöglichkeit vor.

 

Rz. 83

Ob der Stpfl. unverzüglich auf die Unmöglichkeit der Mitwirkung hingewiesen hat, beurteilt sich nach dem Maßstab des § 121 Abs. 1 S. 1 AO. Zur Abwendung der Rechtsfolgen des Abs. 4 S. 3 reicht es daher aus, dass der Hinweis ohne schuldhaftes Zögern erfolgt; ein sofortiges Tätigwerden ist nicht erforderlich.[4] Als unverzüglich soll der Hinweis danach jedenfalls dann anzusehen sein, wenn der Stpfl. innerhalb der mit wirksamer Bekanntgabe des qualifizierten Mitwirkungsverlangens anlaufenden Einspruchsfrist die Unmöglichkeit der Pflichterfüllung rügt.[5] Die Rechtzeitigkeit des Hinweises kann aber nicht auf diesen Fall beschränkt werden. Verfahrensrechtlich kann der Stpfl. die Unmöglichkeit der Mitwirkung nicht nur in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen das qualifizierte Mitwirkungsverlangen geltend machen, sondern nach Abs. 2 S. 6 unabhängig davon auch der Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes entgegenhalten. Deshalb ist u. E. auch der innerhalb der Einspruchsfrist gegen diesen Bescheid erfolgende Hinweis noch als unverzüglich anzusehen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Hinweis auf die Unmöglichkeit der Mitwirkung im Hinblick auf die Zweckrichtung des Abs. 4 S. 3 nicht schon dann als unverzüglich anzusehen ist, wenn er so rechtzeitig erfolgt, dass er der Finanzbehörde die Wahrung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. ermöglicht.

Die Unverzüglichkeit des Hinweises ändert allerdings nicht daran, dass ein darauf gestützter Rechtsbehelf gegen das qualifizierte Mitwirkungsverlangen oder die Festsetzung des Mitwi...

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