Rz. 69

Abs. 4 S. 1 sieht eine Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. für den Fall vor, dass wegen einer Mitwirkungsverzögerung ein Mitwirkungsverzögerungsgeld nach Abs. 2 festgesetzt wurde.

Die Verlängerung knüpft nicht an das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung als solcher, sondern an die deshalb erfolgte Festsetzung eines Mtwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 an. U. E. kommt es auch in diesem Fall nicht auf den Festsetzungsakt als solchen an, sondern darauf, dass dieser rechtlichen Bestand hatte. Wird die Festsetzung aus welchen Gründen auch immer aufgehoben, kommt eine Anwendung des Abs. 4 S. 1 nicht in Betracht (beachte für den Fall der Anfechtung aber die Rechtsfolgen nach Abs. 5). Wie sich aus der Vergangenheitsform "wurde" ergibt, setzt die Anwendung des Abs. 4 S. 1 voraus, dass die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes vor Ablauf der Frist des § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. erfolgt ist. Eine danach erfolgende Festsetzung führt also nicht zur rückwirkenden Verlängerung einer bereits abgelaufenen Festsetzungsfrist.

Fraglich ist, welche rechtliche Bedeutung dem Erfordernis zukommt, dass die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes "wegen einer Mitwirkungsverzögerung nach Abs. 2" erfolgt ist. Da die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 stets das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 1, 1. Satzteil voraussetzt, erscheint es auf den ersten Blick redundant. Dies würde allerdings voraussetzen, dass dem Verwaltungsakt, mit dem die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes erfolgt, Bindungswirkung für die Feststellung einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 zukäme, dem Stpfl. durch dessen Bestandskraft im Rahmen des Abs. 4 S. 1 also der Einwand abgeschnitten wäre, dass die Festsetzung zu Unrecht erfolgt sei. Eine solche Feststellungswirkung des Bescheids kann dem Gesetzestext u. E. nicht entnommen werden. Die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes stellt daher eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Anwendung des Abs. 4 S. 1 dar.[1] In einem Rechtsstreit über die Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist ist das Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 1, 1. Halbs. daher selbstständig zu prüfen. Ausgeschlossen ist der Stpfl. bei Bestandskraft des Festsetzungsbescheids allerdings mit dem Einwand, dass die Mitwirkungsverzögerung i. S. d. Abs. 2 S. 6 entschuldbar gewesen sei. Die Entschuldbarkeit steht dem Vorliegen einer Mitwirkungsverzögerung nicht entgegen (s. Rz. 29).

 

Rz. 70

Die Verlängerung der Ablaufhemmungsfrist gilt nach Abs. 4 S. 1 für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt. Eine Beschränkung auf die Steuerarten und/oder Veranlagungszeiträume, auf die sich das nicht oder nicht hinreichend erfüllte Mitwirkungsverlangen bezog, sieht das Gesetz nicht vor. Auch eine einschränkende Auslegung ist im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht möglich.[2] U.E. ist die Anwendung des Abs. 4 S. 1 allerdings auf die Steuern und Veranlagungszeiträume beschränkt, auf die sich die Außenprüfung im Zeitpunkt des Erlasses des qualifizierten Mitwirkungsverlangens erstreckte. Wird der Prüfungsumfang danach erweitert, sind die von der Erweiterung betroffenen Steuern von Abs. 4 S. 1 nicht betroffen.

 

Rz. 71

Die Ablaufhemmungsfrist verlängert sich nach Abs. 4 S. 1 um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung, mindestens aber um ein Jahr. Dauer der Mitwirkungsverzögerung ist der Zeitraum zwischen dem Verstreichen der Frist für die Erfüllung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens gem. Abs. 1 S. 4 und dem Ablauf des Tages, an dem einer der Beendigungsgründe des Abs. 2 S. 5 eintritt. Der Zeitraum von 150 Tagen, auf den die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes nach Abs. 2 S. 3 beschränkt ist, ist für die Dauer der Mitwirkungsverzögerung ohne Belang.[3] Da die Mitwirkungsverzögerung nach Abs. 2 S. 5 erst mit Ablauf des Tages endet, in dem das beendigende Ereignis eintritt, umfasst die Dauer der Mitwirkungsverzögerung stets einen Zeitraum von vollen Tagen.

Der Begriff der Mitwirkungsverzögerung ist auf das jeweilige qualifizierte Mitwirkungsverlangen bezogen. Werden im Rahmen einer Außenprüfung mehrere derartige Verlangen gestellt und nicht rechtzeitig erfüllt, ist die Dauer der Mitwirkungsverzögerung für jedes einzelne dieser Verlangen gesondert zu ermitteln. Zur Ermittlung des Zeitraums, um den sich die Ablaufhemmungsfrist nach § 171 Abs. 4 S. 3, 1. Halbs. AO n. F. verlängert, sind die verschiedenen Verlängerungen zusammenzurechnen. Dies gilt u. E. allerdings nur, soweit sie unterschiedliche Zeiträume betreffen. Soweit sich verschiedene Verlängerungen zeitlich überschneiden, sind sie bei der Ermittlung der Verlängerungsdauer nur einmal zu berücksichtigen. Anderenfalls würde die Ablaufhemmungsfrist um weit mehr als den Zeitraum hinausgeschoben, um den sich der Abschluss der Prüfung infolge der Nichterfüllung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens verz...

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