Rz. 53

Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 1 erlaubt die Festsetzung eines Zuschlags zum Mitwirkungsverzögerungsgeld, wenn zu befürchten ist, dass der Stpfl. aufgrund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ohne einen solchen Zuschlag seiner aktuellen Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nachkommt. Mit der "aktuellen Verpflichtung nach Abs. 1" ist wie im Fall des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 das qualifizierte Mitwirkungsverlangen gemeint, wegen dessen nicht rechtzeitiger Erfüllung der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden soll. Die Verwendung des Attributs "aktuell" ist im Fall des Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 1 allerdings überflüssig, weil diese Vorschrift anders als Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nicht auf die vorangegangene Verletzung einer Mitwirkungspflicht abstellt, von der die mit Hilfe des Zuschlags durchzusetzende Verpflichtung abgegrenzt werden müsste.

Die Verwendung des Wortes "aufgrund" bringt einen vom Gesetz vermuteten Kausalnexus zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Stpfl. und der Befürchtung zum Ausdruck, dass er sich allein durch Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes nicht zur Erfüllung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens bewegen lassen werde. Anders als die beiden in Abs. 3 S. 1 Nr. 1 genannten Voraussetzungen stehen das Merkmal der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die sich daraus ergebende Befürchtung also nicht selbstständig nebeneinander, sondern sind ursächlich miteinander verknüpft. Die sich aus der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergebende Befürchtung bildet dabei ihrerseits den Maßstab für die Ausfüllung des Merkmals der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 1 will die Fälle erfassen, in denen das sich auf maximal 11.250 EUR je Mitwirkungsverzögerung belaufende (s. Rz. 35) Mitwirkungsverzögerungsgeld für den Stpfl. nur "Peanuts" sind[1], die er aus der sprichwörtlichen "Portokasse"[2] bezahlen kann, so dass seine Festsetzung keinen genügenden Anreiz setzt, das qualifizierte Mitwirkungsverlangen zu erfüllen.[3]

 

Rz. 54

Nach Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 ist das Vorliegen einer diese Befürchtung rechtfertigenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn die Umsatzerlöse des Stpfl. in einem der von der von der Außenprüfung erfassten Kalenderjahre mindestens 12 Mio. EUR betragen haben oder der Stpfl. einem Konzern[4] angehört, dessen im Konzernabschluss[5] ausgewiesene konsolidierte Umsatzerlöse[6] in einem der von der Außenprüfung umfassten Kalenderjahre mindestens 120 Mio. EUR betragen haben. Bei Konzerngesellschaften sind die verschiedenen Umsatzerlösgrenzen u. E. nebeneinander anwendbar. Die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 sind bei einer Konzerngesellschaft, die die individuelle Umsatzzerlösgrenze von 12 Mio. EUR erreicht, daher auch dann erfüllt, wenn die konsolidierten Umsatzerlöse des Konzerns weniger als 120 Mio. EUR betragen.[7] Maßgeblich für die Anwendung der Größenmerkmale sind in beiden Fällen die Umsatzerlöse, die sich aus den für die jeweiligen Jahre eingereichten Jahresabschlüssen und Steuererklärungen ergeben. Zwar nimmt das Gesetz nur im Fall der konzernbezogenen Größe ausdrücklich auf den Konzernabschluss Bezug. Im Fall von Einzelunternehmen kann aber nichts anderes gelten. Die Möglichkeit, stattdessen die sich aufgrund der Prüfung ergebenden Werte zugrunde zu legen, verbietet sich schon deshalb, weil diese bei der Entscheidung über die Festsetzung eines Zuschlags zum Mitwirkungsverzögerungsgeld noch gar nicht bekannt sein dürften.

 

Rz. 55

Unter den Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 S. 2 wird eine die Anwendung des Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 1 rechtfertigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unwiderleglich vermutet, sodass sich die "Beugetauglichkeitsprüfung" nach dieser Vorschrift erübrigt.[8] Dies erscheint schon deshalb problematisch, weil die Umsatzerlöse als Bruttogröße kein zuverlässiges Indiz für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. sind.[9] Vorzugswürdig wäre unter diesem Gesichtspunkt die Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen des Stpfl., den Jahresüberschuss seines Unternehmens oder eine an dessen Cashflow orientierte Größe gewesen.[10] Der von Seer erhobene weitere Einwand, dass es sich bei den Umsatzerlösen der in den Prüfungszeitraum fallenden Jahre um eine vergangenheitsbezogene Grenze handele, es im Hinblick auf den Beugezweck der Norm aber auf die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. ankomme[11], trifft zwar grundsätzlich zu, übersieht aber, dass jedenfalls bei einer zeitnahen Durchführung der Prüfung häufig keine aktuelleren Zahlen verfügbar sein dürften.

 

Rz. 56

Wie sich aus der Verwendung Worts "insbesondere" in Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 ergibt, kann eine die Festsetzung des Zuschlags rechtfertigende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. auch in solchen Fällen vorliegen, in denen die nach dieser Vorschrift maßgeblichen Umsatzerlösgrenzen nicht erreicht werden. In Betracht kommen insoweit vor allem auf die Ertragskraft oder den Cashflow des...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge