Rz. 49

Die Festsetzung des Zuschlags nach Abs. 3 S. 1 Nr. 1 setzt zunächst voraus, dass in den letzten fünf Jahren vor dem ersten Tag der Mitwirkungsverzögerung ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wurde. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es allein auf die Tatsache der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgelds ohne Rücksicht darauf an, welches rechtliche Schicksal diese erlitten hat. Hiernach wäre auch eine später wieder aufgehobene Festsetzung eines Mitwirkungsgeldes geeignet, den Anwendungsbereich der Vorschrift zu eröffnen. Dies würde dem Zweck der Regelung aber offensichtlich nicht gerecht. Berücksichtigt werden können daher nur wirksam gebliebene Festsetzungen, weil nur diese den Schluss auf eine frühere Mitwirkungspflichtverletzung begründen. Wurde das Mitwirkungsverzögerunggeld nach Abs. 2 S. 4 in Teilbeträgen festgesetzt, kommt es für die Berechnung des Fünfjahreszeitraums auf die zuletzt erfolgte Teilfestsetzung an.

Zu berücksichtigen sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur die Festsetzung von Mitwirkungsverzögerungsgeldern nach Abs. 2. Die Festsetzung von Verzögerungsgeldern nach dem bisherigen § 146 Abs. 2c AO ist nicht zu berücksichtigen.[1]

 

Rz. 50

Fraglich ist, ob nur die im Rahmen früherer Außenprüfungen erfolgten Festsetzungen von Mitwirkungsverzögerungsgeld zu berücksichtigen sind oder auch Festsetzungen, die im Rahmen der laufenden Außenprüfung wegen einer vorangegangenen Mitwirkungsverzögerung erfolgt sind. Das Erfordernis, dass die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes in den letzten fünf Jahren vor dem ersten Tag der Mitwirkungsverzögerung festgesetzt wurde, steht der Einbeziehung von im Rahmen der laufenden Außenprüfung festgesetzten Mitwirkungsverzögerungsgeldern nicht entgegen. Denn der Fünfjahreszeitraum gibt den Höchstzeitraum an, den die Festsetzung zurückliegen darf, und nicht den Mindestzeitraun, den sie zurückliegen muss. Dies übersieht Seer[2] bei seiner Annahme, dass die Vorschrift des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 erst ab dem 1.1.2030 praktisch relevant werden könne, weil es nach der Anwendungsregelung des Art. 97 § 37 Abs. 2 S. 1 EGAO erst ab dem 1.1.2025 zur Festsetzung von Mitwirkungsverzögerungsgeldern nach Abs. 2 kommen könne.

U.E. sprechen dennoch überwiegende Gründe dafür, den Anwendungsbereich des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 auf solche Fälle zu beschränken, in denen die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes im Rahmen einer früheren Außenprüfung stattgefunden hat. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber der Möglichkeit, dass im Rahmen ein und derselben Außenprüfung mehrere qualifizierte Mitwirkungsverlangen gestellt und deshalb auch wiederholt Mitwirkungsverzögerungsgelder festgesetzt werden, keine erkennbare Beachtung geschenkt hat. Anderenfalls hätte sich z. B. eine Regelung der Frage aufgedrängt, nach welchen Grundsätzen unterschiedliche Mitwirkungsverlangen voneinander abzugrenzen sind (s. dazu im Einzelnen Rz. 7). Daher liegt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber das Vorliegen eines Wiederholungsfalls gedanklich mit der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes im Rahmen vorangegangener Außenprüfungen verbunden hat. Ein Indiz dafür findet sich in der Begründung des Regierungsentwurfs zu Abs. 4 S. 2, einer Vorschrift, die das Vorliegen eines Wiederholungsfalls von denselben Voraussetzungen wie Abs. 3 S. 1 Nr. 1 abhängig macht. Dort heißt es, dass die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes in den letzten fünf Jahren vor der "aktuellen" Mitwirkungsverzögerung erfolgt sein müsse.[3] Dies legt ebenso wie die weit in die Vergangenheit zurückgreifende Dauer des Referenzzeitraums und das im Gesetzestext des Abs. 4 S. 2 verwendete Adverb "außerdem" den Schluss nahe, dass es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei der vorangegangenen Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes um ein außerhalb der laufenden Außenprüfung liegendes Geschehen handelt.

Der entscheidende Grund für die Nichteinbeziehung von Mitwirkungsverzögerungsgeldern, die im Rahmen der laufenden Prüfung gegen den Stpfl. festgesetzt wurden, liegt u. E. aber darin, dass das Vorliegen eines Wiederholungsfalls anderenfalls von zufälligen Umständen abhängig wäre, die für die Rechtfertigung der damit verbundenen Sanktion keine Bedeutung haben. So hinge die Anwendbarkeit des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 in diesem Fall maßgeblich vom zeitlichen Verhältnis der Fristabläufe für die verschiedenen Mitwirkungsverlangen sowie davon ab, wie zeitnah die Finanzbehörde das wegen Nichterfüllung des vorangegangenen qualifizierten Mitwirkungsverlangens entstandene Mitwirkungsverzögerungsgeld festsetzt und ob sie dabei von der Möglichkeit von Teilfestsetzungen nach Abs. 2 S. 4 Gebrauch macht. Bei mehreren am selben Tag gestellten qualifizierten Mitwirkungsverlangen wäre die Anwendung des Abs. 3 S. 1 Nr. ausgeschlossen, wenn die Fristen für ihre Erfüllung alle am selben Tag abliefen. Denn in diesem Fall könnte die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes für keines d...

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